Kampong Tralach – Koh Chin – Phnom Penh
Erlebt am 25. März 2009
[Die Bilder des Tage: Album ]
Unsere Kleider sind immer noch sehr feucht, auch die AC hat sie nicht trocken gebracht. Es ist gewitterhaft schwül.
Wir lassen uns viel Zeit fürs Frühstück; es ist herrlich, zu essen, während Dörfer und Schiffe vorbeiziehen, sich das Leben auf dem Fluss abspielt, und jetzt, wo das Schiff fährt, ist auch die Temperatur angenehm.
Das Anlanden in Koh Chin funktioniert nach einem Fehlversuch nur über ein anderes Schiff.
Ich sehe die ersten Moscheen, genau gesagt drei Stück und einen buddhistischen Tempel.
Wir sitzen auf dem Sonnendeck im Schatten und lassen es uns gut gehen. Den Ausflug auf diesen Tempelberg mit anschliessender Besichtigung einer Werkstätte für Silbergravuren lassen wir definitiv die anderen 14 machen. Wir stellen uns vor, wie die wohl schwitzen werden, um dann so ziemlich am Anschlag Silberwaren kaufen zu dürfen, während wir genüsslich an unseren Drinks nippen.
Zum Mittagessen sind wir dann wieder alle zusammen, und das Schiff läuft aus Richtung Phnom Penh, wo wir bereits um 15:00 ankommen, drei Stunden früher als laut Programm.
Jetzt heisst es Abschied nehmen von Catherine und Peter, und wir versprechen uns, in Kontakt zu bleiben.
Ich sitze auf dem Oberdeck. Ein sanfter Wind streicht mir durchs Haar. Ich habe die Beine ausgestreckt, das Glas Cola steht auf dem niederen Beistelltisch in Reichweite. Ich bin überzeugt, im bequemsten Stuhl auf dem ganzen Schiff zu sitzen. Ich fühle mich wohl und habe dafür auch die richtige Gesellschaft. Diesen Platz haben wir uns zusammen mit Catherine und Peter ausgesucht, und während wir die Gruppe auf dem Aufstieg hoch über fünfhundert Treppenstufen wissen, der Hitze ausgesetzt, beglückwünschen wir uns zu unserem Entschluss, der Muße zu frönen.
In wenigen Stunden trennen sich unsere Wege, und dabei bräuchten wir Tage, um uns noch alles zu erzählen, was doch noch erzählt und geteilt werden müsste. Reisebekanntschaften macht man viele. Die meisten sind nicht von Dauer. Ausgetauschte Adressen vergilben auf Papier und sind lange zuvor schon vergessen. Du bist nie sicher, ob es hier und jetzt und mit diesen Menschen anders sein wird. Aber du wünschst es dir. Und so erzählen wir uns von unseren Reisen, wir erfahren von Hundeadoptionen auf den Seychellen und schwärmen von unserer Zeltsafari in Botswana. Wir wollen uns nicht gegenseitig übertrumpfen. Unsere Schilderungen sind voller Selbstironie. Reisende, die sich einander verwandt fühlen, wollen nicht prahlen. Sie tauschen sich aus, weil man ein gemeinsames Feuer brennen lassen und weiter nähren will. Und während erzählt wird, sieht man mit den Augen des Erzählers mit.
Reisen schafft Distanz zum eigenen Ego, relativiert die vermeintlichen Bedeutungen der Gesellschaft, in der man nicht nur verwurzelt, sondern durch deren Ansprüche man auch gefangen ist. Und so erfahren wir auch nochmals im Gespräch eine ganze Menge über eine Liebe, die uns so vertraut ist, weil sie eine Form der Kameradschaft prägt, die gerade das Reisen erleichtert, weil man sich als Paar mit den eigenen Stärken und Schwächen erkennt und unterstützt.
Eine Reise ist eine Zeit der scheinbaren Ungebundenheit, die meist mit hohen Erwartungen belastet ist. Wenn sie aber nichts beweisen muss, so ist sie einfach Sinnbild und Erfahrungsschatz auf einem gemeinsamen Weg, der schon viel weiter gedacht ist, sich wohl an einen Anfang erinnert, aber kein Ende sich denken mag.
In solcher Gesellschaft ist man auf der verrücktesten und exotischsten Reise geborgen, und eine Begegnung wie mit Catherine und Peter macht das eigene Glück einfach noch bewusster. Wir fühlen uns sicherer als jede Maus in ihrem Erdloch, mögen wir im Moment auch keinen festen Boden unter den Füssen haben und das Wasser vieler Flüsse uns noch an manche Orte tragen, von denen wir eine höchst unbestimmte Vorstellung haben. Wir werden unsere Erfahrungen machen, sie annehmen und mit ihnen leben. Und dann werden wir wieder zu erzählen haben, und wir hoffen sehr, dass wir dazu auch Gelegenheit bekommen. Auch dafür schreiben wir Reisetagebuch: Um das Wissen um dieses Geschenk der beständig neuen Lebensbildung mit allen zu teilen, die keine Reise in Angriff nehmen, ohne gewillt zu sein, sich ganz darauf einzulassen.
Noch wissen wir nicht, dass wir mit Catherine und Peter tatsächlich für viele Wochen nur noch einen sehr eingeschränkten Kontakt haben werden. Ihre Reise nach Borneo wird durch eine Krankheit Catherines erschwert werden, von der sie sich erst Wochen nach der Rückkehr erholen wird. Doch Catherine wäre nicht die Frau, die wir nun kennen, wenn sie uns nicht voller Begeisterung von ihren nächsten Projekten schreiben würde. Unsere Freunde leben. Und werden weiter reisen.
Auch der Abschied von der Crew geht uns nahe. Wir werden mit einer Herzlichkeit und Offenheit umarmt, die für Asiaten eher untypisch ist. Das We will miss you habe ich noch lange im Ohr. Und bevor ich einen Fuß auf den festen Boden von Phnom Penh setze, denke ich: “Danke. Ich Euch doch auch. Ich habe ja schon damit begonnen, verflixt nochmal.”
Unsere Reiseleiterin für Phnom Penh erwartet uns schon. Die Frau mittleren Alters ist sehr hübsch, gepflegt, und hat ein selbstbewusstes Auftreten. Wache Augen schauen uns direkt an und machen uns den Kontakt sofort sehr leicht. Unsere Reise geht weiter. Uns stehen noch viele neue Begegnungen bevor. Wir leben. Und wie!