Reflexionen

In Wort und Bild gesehen, gedacht und gefühlt
Zum Betrachten, Nachdenken, Mitdenken, Vordenken
Mit Lebenslust ein Leben lang, mindestens


Australiens fremde Aborigines

∞  13 Februar 2008, 21:49

Der heutige Tag ist ein passender Anlass zu einem Einschub, den ich für den Report über unsere Australienreise sowieso machen wollte:

Heute also hat sich die (neue) australische Regierung dazu veranlasst gesehen, sich bei den Ureinwohnern Australiens für das den Aborigines zugefügte Unrecht zu entschuldigen.
Die Entwurzelung der Aborigines ist auf allen unseren Australienreisen ein verwobenes Rätsel für uns geblieben. Sie bleiben eine Marginalie. Kaum je tauchen sie im Stadt- oder Dorfbild auf. Auf jeden Fall nicht dort, wo man als Tourist so ohne Weiteres hinkommt.

Was man von ihren Geschichten erfährt, bleibt märchenhaft verschwommen und so unbestimmt, dass es Ignoranten leicht fällt, deren Traumbilder und bildliche Sagenwelten für die Entstehung ihrer eigenen Lebensräume als kindlich-naive Phantasterei zu verlachen. Dabei ist das Wissen von uns Weissen darüber schlicht lachhaft gering.

Tatsache ist, dass auch an den Aborigines das Phänomen zu beobachten ist, dass es Usurpatoren nie schaffen, den Respekt für die von ihnen Benachteiligten aufzubringen: Sie leben auf Kosten der Ureinwohner, ohne auch nur einen minimalsten Bruchteil der fremden Kultur verstehen zu wollen. Nichts scheint so unattraktiv zu sein, wie die Aneignung von fremdem, ursprünglichem und natürlich tradiertem Wissen. Und so werden wir in dem Mass Ignoranten, in dem wir die anderen zu Verlierern machen.
Wir haben nie einen Weissen in Australien getroffen, der uns überzeugend auch nur ein paar Grundelemente der Kultur der Aborigines hätte vermitteln können – und wir sind nie einem Ureinwohner Australiens begegnet, der nicht alle Zeichen schwerer Alkoholkrankheit gezeigt hätte. Die Alkoholsucht ist ein alles zerstörender Schwelbrand im Bemühen, den Menschen ihren Stolz zurück zu geben. Kein Bekenntnis von Eroberern zur Schuld kann gebrochenen Menschen das Rückgrat neu richten.

Es ist wohl zu spät. Auch hier ist auf riesiger Fläche ein tiefes Wissen und eine Erdverbundenheit von Menschen zerstört, entwurzelt worden. Menschliche Gier ist immer stärker als Neugier auf Fremdes – denn diese schöne Eigenschaft müsste erst die Angst überwinden vor dem Unbekannten. Und ich gebe gerne zu, dass es mir gerade bei diesen Menschen nicht gelingt. Sie bleiben mir fremd und lassen mich fühlen, wie sehr ich selbst in ihrer Welt ein Fremder bin.