Reflexionen

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Australien 2007 - Tag 7

∞  16 März 2008, 17:18

Erlebt am 30. Oktober 2007 – Port Campbell nach Port Fairy

Im Bann des Lichts



In unserer Roadmap steht es, oder vielmehr stand es geschrieben für die Nacht auf den 28. Oktober im nun schon fernen Traralgon:

Achtung: Sommerzeit: Uhr eine Stunde zurück stellen.

Heute haben wir es begriffen: Wir können eine Stunde länger schlafen. Und natürlich brauchen wir dann um sieben Uhr – Sommerzeit – auch Beide erstmals den Wecker, um nicht zu verpennen.
Der Himmel zeigt ein blaues Guckloch und vor allem ist es trocken. Thinkabouts Wife hat die zündende Idee: Wir verzichten aufs Frühstück und machen, dass wir an die Küste kommen, so lange es trocken bleibt. Um acht sind wir startklar, die Müslischalen mit den eingeweichten Haferflocken sind in der Spüle fixiert…

Es geht zurück an die Küste, denn da hat das Meer nie aufgehört, sein Gestein zu behauen. Wir besichtigen weitere Ergebnisse, oder besser, Momentaufnahmen dieser Arbeit, die formt und gleichzeitig zerstört. The Arch, dann London Bridge, deren überspannender Bogen im Januar 1990 in sich zusammenfiel. Wir stehen andächtig davor, als wäre das eben gerade geschehen. Im Zeitraffer der Jahrtausende ist das ja auch so. Noch nie habe ich eine gewaltigere Küstenlandschaft gesehen, und noch nie hat sich mir das Monumentale so zerbrechlich gezeigt. Es ist mir, als hörte ich das Donnern, mit dem die Gesteinsmassen auseinander brachen und im Wasser aufschlugen…

Unsere Spekulation geht perfekt auf. Jedes Mal, wenn wir einen Aussichtspunkt erreichen, wird das Licht heller, brechen die Wolken ein wenig auf und Sonnenstrahlen fallen auf die Szene. Wie Licht die Landschaft verändert, lässt sich wohl nirgends so eindrücklich erleben wie an der Südküste Australiens.

The Grotto schliesslich, ist so etwas wie der stille Höhepunkt dieser sich aneinander reihenden Sensationen. Während an seinem äusseren Rand die Brandung tobt, hat sich in einer erhöhten grossen, steinernen Kuhle ein ruhender Pool gebildet, dessen Spiegelfläche nur selten durch die mächtigsten neu ankommenden züngelnden Spitzen der Brandung blind wird, um sich sogleich wieder zu beruhigen und das Blau des Himmels über seiner dunklen Tiefe auszubreiten.



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In Petersborough finden wir dann Zeit und Ruhe für unser Frühstück und für das Verarbeiten aller dieser Schönheiten und Gewalten. Sie können das ruhig “Breakfast With A View” nennen. Habe selten mit so schöner Aussicht gefrühstückt. Zumindest nicht auf einem Parkplatz!



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Von The Grotto hatten wir im Vorfeld eine Beschreibung als Geheimtipp gelesen, doch was uns anschliessend erwartet, übertrifft dies noch bei weitem, zumindest im Licht der Gewitterstimmung, die nun herrscht:
Die Bay of Islands ist fast noch malerischer anzusehen als die Zwölf Apostel. . Wieder beschert uns das wechselhafte Wetter ein Lichtspiel, als würde ein Theaterregisseur alle Register der Lichtdramaturgie ziehen wollen, damit wir auf gar keinen Fall vergessen, was wir hier erleben.



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Einigermassen in Hochstimmung fahren wir nach Warrnambool. Dass die Walbeobachtungsplattform an der Logan Beach verlassen da liegt, verheisst nichts Gutes. Wir sind dafür einfach schon etwas zu spät im Jahr unterwegs. Die Anlage ist allerdings mit sehr viel Aufwand erstellt, aber ausgestorben. Von einem Strandgänger mit Wauwau erfahren wir dann, dass die Wale dieses Jahr ganz ausgeblieben wären. Normalerweise paaren sie sich vor dieser Küste, was ein ganz besonderes Schauspiel sein muss.

Unser nächster Stopp gilt dem Tower Hill Reserve: Ein Nationalpark im weiten Krater eines erloschenen Vulkans. Auf verschiedenen Rundwanderungen, sog. “Loops”, kann man durch den Krater spazieren. Dabei regenet es allerdings immer wieder, sicher zum zwanzigsten Mal graut dann der blaue Himmel innert Minuten, und dann beginnt es zu nieseln, oder wahlweise auch mal recht kräftig zu schütten. Routiniert, wie wir schon sind, finden wir aber jederzeit einen Unterstand oder haben unser Picknick gerade beendet, als es wieder beginnt… Man kann das Ende der Schauer getrost abwarten, sie dauern nicht lange. Die Wege sind auch hier sehr aufwändig angelegt und sehr gut gepflegt. Die Beschilderung könnte allerdings besser sein. Die zahlreichen Emus und Kaninchen, die wir hier erstmals sehen, können uns da leider nicht wirklich weiter helfen…



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Dafür lässt sich erstmals ein Fairy-Wren fotografieren, dieser schillernd blaue Kobold mit den keck aufgestellten Schwanzfedern, der so ruhelos herum tanzt, wie ein Schmetterling. Das Weibchen ist übigens unscheinbar braun, dennoch aber ganz offensichtlich begehrt.



Laut Wikipedia wird der Vogel “Australischer Sänger” und “Prachtstaffelschwanz” genannt. Zweiteres kann ich bestätigen, ersteres muss offen bleiben, vielleicht, weil ich besser schauen als hören kann…

Zu diesem phantastischen Tag passt unsere Camp Site perfekt. Grünflächen, so geleckt, als würden sie regelmässig von einem Greenkeeper gepflegt werden. Hecken zwischen den Stellplätzen gegen Wind und für etwas Privatsphäre, eine luxuriöse Camp Kitchen – und ein Tennisplatz. Belfast Cove in Port Fairy ist schon fast ein Ort des Luxus!
Jetzt, um punkt 18h06 sitzen wir auf unseren Camping-Stühlen und geniessen den frühen Feierabend. Bei stabil schönem Wetter (!), entsprechend tief blauem Himmel und unter einer kräftig wärmenden Sonne.

Zeit, uns nochmals über diesen Tag zu unterhalten. Unglaublich, wie wir heute durch ein sehr wechselhaftes Wetter geführt wurden. Wir haben uns den Gegebenheiten angepasst, durften aber immer wieder erleben,dass gerade dann, wenn wir eine Sehenswürdigkeit erreichten, sich das Wetter besserte, ja es Teil einer wunderbaren Szenerie wurde und dieser noch mehr Zauber verlieh. Es war und ist uns, als würde eine starke Hand über uns wachen. Ein schönes Gefühl. Und nicht nur heute abend, unterwegs am anderen Ende der Welt, ist dies eine Vorstellung, ja eine Wahrnehmung, die ich alles andere als von mir weise.