Reflexionen

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Mit Lebenslust ein Leben lang, mindestens


Australien 2007 - Tag 26

∞  28 Dezember 2008, 23:35

Erlebt am 18. November 2007 – Von Bremer Bay nach Mt. Barker (Caravan Park)

Vom abgebrochenen Gipfelsturm zur Camping-Rast



Wir stellen am frühen Morgen fest: Zelt okay, Auto okay. Dafür bleibt der Kaffee erst mal kalt: Kein Strom auf den Buchsen. Das ist nun allerdings wirklich eine Kleinigkeit.

Unser Weg führt über Boxwood Hills, wo wir Füchse aufschrecken, nach Amelup. Haltepunkt ist auch hier ein Roadhouse, in diesem Fall ein sehr nett geführtes. Das kann also nicht der Grund sein, dass ich mich am Ende mit einem Tomatensandwich und einer heissen Schoggi verpflege… Irgendwie passen Trink- und Essbedürfnisse im Moment einfach nicht richtig zusammen…
Aber ich muss ja zumindest Power tanken, nicht wahr, denn mir steht der Aufstieg auf einen Berg mit dem klingenden Namen Talyuberup Peak bevor. Der Berg steht im Stirling Range National Park und er ist sehr viel steiler, als der Beginn des Aufstiegs vermuten liesse…




Thinkabouts Wife ist bald einmal eindeutig mit zu kurzen Beinen ausgestattet: Die schroffen Steine werden immer grobschrötiger, grösser und scharfkantiger, und oft kann ich mich selbst nur mit den Händen höher ziehen. Zum zweiten Mal versuche ich also, einen Berg allein zu Ende zu besteigen. Warum die Felsvorsprünge hier in so scharf geschliffenen Platten über einander liegen, wird mir auch bald klar: Hier pfeift der Wind so stark und so nachhaltig, dass ich den Eindruck habe, er hält hier nie still und arbeitet ständig an der Erosion. Hinter einem hohen Felsen ist dann Schluss für mich: Erstens sehe ich nicht mehr, wo der Weg weiter gehen könnte, da der Boden plötzlich komplett überwachsen ist, und so bald ich den Schutz des Felsens verlasse, bläst es mich zweitens beinahe vom kleinen Felsvorsprung.




Also mache ich mich leichten Herzens an den Abstieg. Unten erwartet mich meine Frau, welche die Zeit zu wunderbaren Fotos der Pflanzenwelt genutzt hat, und so setzen wir uns zusammen zum Picnic, beide noch leicht betäubt von der Kraft der Natur.




Ausser Tannzapfenechsen, die auch hier immer wieder die Strassen überqueren, sehen wir keine Tiere, geniessen aber die lange Fahrt durch den Park – und sind um halb vier schon in Mt. Barker. Der Caravan Park ist, obwohl nahe an der Strasse, an der gebaut wird, sehr ruhig, mit sattgrünen Wiesen und grossen alten Bäumen, die auch bei kräftiger Sonne immer Schattenplätze bieten.

Wir tauschen mit zwei älteren Ehepaaren, die kurz nach uns eintreffen, noch schnell den Standplatz ab, damit die Beiden sich neben einander einrichten können. Dafür schnorre ich mir deren Hammer, was es doch deutlich einfacher macht, die Häringe Zeltschnüre im Boden zu fixieren.


Beobachtet werden wir dabei von allerlei Nachbarn.




Wir schauen uns unser Zelt an, beäugen seinen gebogenen Kuppelschwung, werweissen witzelnd ein bisschen über seine Stilrichtung. Wir einigen uns auf spätromanisch, auch wenn der Kuppelbogen nicht genau mittig sitzt… Klar ist allemal, dass wir beide von Gotik-Stilelementen im Zusammenhang mit Zeltbau die Nase voll haben…

Und dann ist auch Zeit und Musse für die Dusche, für den Abwasch, für alle scheinbar gewöhnlichen alltäglichen Dinge, bei denen man sich sammeln und die Eindrücke verarbeiten kann.

Zu unseren Nachbarn gehört ein noch gar nicht so altes Ehepaar mit diversen Rassehunden, die sie abwechselnd Gassi führen und bewegen müssen. Vom Herrn des Hauses bzw. des Caravans erfahre ich dann, dass es sich bei dem Unternehmen quasi um eine dreiwöchige Schnupperreise handelt. Er will herausfinden, wie er mit dem gemieteten Gefährt zurecht kommt und ob er dann nächstes Jahr während sechs Monaten mit dem exakt gleichen Modell “seinen” Kontinent umrunden kann – so, wie es sich viele Australier irgendwann in ihrer zweiten Lebenshälfte vorstellen. Auf jeden Fall hat seine Frau schon mal den Veranstaltungskalender studiert, um an möglichst vielen Hundeprämierungen in ganz Australien teilnehmen zu können (mit den Hunden natürlich).

Ein Schmankerl bietet auf diesem Campingplatz auch das Management: Streng werden wir darauf hingewiesen, dass wir morgen bis zehn auschecken müssen. Sollten wir allerdings schon vor neun los fahren wollen, so mögen wir doch bitteschön nicht stören und den Schlüssel einfach in die Box legen…


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