Reflexionen

In Wort und Bild gesehen, gedacht und gefühlt
Zum Betrachten, Nachdenken, Mitdenken, Vordenken
Mit Lebenslust ein Leben lang, mindestens


Australien 2007: Ankunft in Melbourne

∞  17 Januar 2008, 19:22

Erlebt am 23. Oktober 2007 – Flug ab Singapur, Ankunft in Melbourne



Wir Reisenden



Der Flug von Singapur nach Melbourne beginnt nicht besonders gut. Mir ist ziemlich übel, meine Kopfschmerzen werden heftiger und ich fühle mich überfüllt von und mit allem. Das Tablett mit dem Essen bleibt relativ unberührt, und das will bei mir trotz allem Plastik- und Foliencharme der Präsentation was heissen. Auf jeden Fall schlafe ich darüber ein, lange bevor abgeräumt wird.

Thinkabouts Wife führt derweil angeregte Gespräche mit ihrem Sitznachbarn: Ein in Australien ansässiger Sikh, der in St. Kilda ein Internet-Strandcafé führt, fliegt mit uns von Singapur nach Melbourne… das ist die exotische personelle Besetzung, mit der eine aufregende Reise beginnen sollte. Und dass meiner Frau, der sowieso alles Indische entweder schon vertraut oder sonst willkommen ist, dieser Kontakt geschenkt wird, erstaunt mich nun überhaupt nicht.

Als ich durch das Abräumen der Tabletts geweckt werde, sind die beiden noch immer ins Gespräch vertieft. Thinkabouts Wife scheint keine Müdigkeit zu kennen.

Aber Begegnungen wie diese wollen gelebt werden: Das Flugzeug wird bald landen, der Nachbar wird die längste Zeit Wegbegleiter gewesen sein und sich in seiner Normalität nicht mit der gleichen Energie und Achtsamkeit nach links und rechts umsehen. Für ihn beginnt der Alltag, für uns das Abenteuer. Wir sind ja schon mitten drin.

Was er uns schenkt, ist eine lebendige Erinnerung – und meiner Frau eine Menge neuen Wissens über eine fremde Religion.

Das Hotel liegt nahe beim Flughafen, und wir tragen uns hin, unsere Taschen auf Flughafenrollis vor uns her schiebend. Der abendliche Verkehr schiebt sich mit blendenden Scheinwerfern so drohend an uns vorbei, dass wir keine Mühe haben, uns den Linksverkehr einzuprägen…

Ein Abendessen brauchen wir nicht. Stattdessen bereiten wir die Reisetaschen für morgen vor, packen aber nur das Notwendigste um und aus: Richtig organisieren werden wir uns morgen, wenn wir den Buschcamper übernommen haben und den verschiedenen Dingen möglichst auch einen festen Platz zuordnen können.
Dann kriechen wir unter die Decke, sehr empfänglich für die einzige Nacht dieser Reise, die wir in einem Hotelbett verbringen werden…

Gute Nacht, Sie Mitbewohner dieser Welt, wo auch immer Sie gerade sind und Unterstützung brauchen könn(t)en.
Meine letzten Gedanken gehören dem Phänomen des Jetlags. Ihn zu überwinden, ist eine Aufgabe, bei der man auch den inneren Schweinehund überwinden muss: Es führt kein Weg daran vorbei, möglichst sofort den Tagesrhythmus am Ankunftsort zu übernehmen.

Wir alle kennen wohl mittlerweile die Anekdote vom Indianer, der sich nach seiner ersten schnellen bewegten Reise mit Auto oder Flugzeug am Zielort an den Strassenrand hockt, um zu warten, bis seine Seele nachkommt.
Wie viel leichter mag der Jetlag überwunden werden (so denke ich an diesem Abend gegen diese Geschichte an), wenn die eigene Seele im bewussten Gefühl ruht, eh immer schon angekommen zu sein, lange bevor der Körper meldet: alles okay?

Und bei diesem Gedanken schlafe ich dann auch wirklich ein.