Reflexionen

In Wort und Bild gesehen, gedacht und gefühlt
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Mit Lebenslust ein Leben lang, mindestens


Block in der Pflicht

∞  3 November 2008, 21:34

Block erzählt seiner Frau von seinem Tag. Dem schwierigen Meeting, an dem eigentlich alles so war, wie erwartet. Sie haben mit dem Kunden zwei weitere Stunden das Problem erörtert, jeder hat die eigene Sicht der Dinge eingebracht und darstellen können.




Bild: via Sylvia Henderson


So weit, so gut, so respektvoll. Und er kann ihr auch erzählen, dass seine Arbeit geschätzt wird. Sagt man. Sagen alle. Das, immerhin freut ihn. Als wäre es die einzige Sicherheit in unsicher gewordenen Zeiten.

Sie lächelt ihn an. Dann glättet sich der Strich ihrer Lippen, ohne hart zu werden, und sie fragt ihn:
“Belastet dich das eigentlich nicht, dass sie so viel von dir erwarten?”
So hat er es noch gar nie gesehen: Anerkennung als Beginn der nächsten Erwartungshaltung?
Block verneint die Frage seiner Frau, denn der Auftrag ist nicht überlebenswichtig. Nicht für ihn. Und die Last für andere, die verdrängt er. Das sagt er auch laut, und er sagt es leicht dahin, wie er glaubt, doch die eigenen Worte klingen in ihm nach. Zwei Stunden später sitzt Block auf dem Sofa, und die Augenlieder sind bleiern schwer geworden an diesem nachtschwarzen Abend.

Was ist es doch für eine Krux, denkt er, mit der Wertschätzung für den Pflichtbewussten. Sie nimmt ihn erst recht in die Pflicht und sichert sich so seine Verlässlichkeit. Block sagt sich, dass er sich von seinen Eitelkeiten lossagen will, um frei zu sein, zu leisten, was möglich ist, und hinzunehmen, was unvermeidbar bleibt. Auch für andere. Denn Block hat nur zwei Schultern. Er trägt nicht die Welt, und sie nicht ihn. Auch er schwimmt den Fluss abwärts, und sei es nur, weil alles andere eine Zwängerei wäre. Und bei der Stromschnelle da vorne wird er sich kurz zuvor in der Kurve hinaus treiben lassen und im seichten Wasser des Ufers auftreten und aus dem Fluss steigen, um die kritische Stelle zu Fuss zu umgehen.

Er wird also tun, was er kann, und dann wird er sehen, ob das ausreicht. Mehr ist eigentlich nicht zu sagen.





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Pflichtbewusstsein darf nicht der Pflock an der eigenen Kette sein