Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Zurück zur Natur, endgültig

∞  25 Juni 2007, 20:21

Ganz egal, ob es Ihnen überhaupt egal ist oder überhaupt nicht: Die Frage, wie Sie ihre sterblichen Überreste einmal deponiert, bestattet oder entsorgt sehen wollen, ich überlasse die Formulierung da ganz Ihnen und Ihrem eigenen Verhältnis zu Ihrer Sterblichkeit, bewegt nicht nur Sie selbst sondern auch die Gesellschaft. Friedwälder oder Waldfriedhöfe, also öffentlicher bewaldeter Raum, der zur freien Bestattung vorgesehen ist, wird nicht einfach abgegrenzt.

Wir finden offensichtlich, dass ein anständiges Leben eine reglementierte Ordnung über den Tod hinaus verdient. Ganz offensichtlich ist uns zwar die eigene Bestattung in abschottenden Friedhofsmauern zunehmend so fremd wie der Tod selbst, also völlig naturfern, so irrwitzig das auch ist, aber das ist ja nicht das Thema. Also nicht direkt.

Wir wünschen uns eine sinnbildliche Rücküberantwortung dessen, was von uns übrig bleibt, an die Natur, ohne aber diese unsere und vor allem des Nachbars Asche wirklich als das sehen zu können, was sie ist: Zum Dünger bestimmt. Nein, wir bleiben Verwalter, und deshalb verleihen wir die Bäume, die quasi zu neuen Familienstammbäumen werden, auf 99 Jahre an die Familie Binggeli, vorne, zweite Reihe rechts. Wir wollen uns die Friedhofsordnung wenigstens in den Friedwald hinein denken können, sonst wird uns unsere plötzliche Natürlichkeit doch zu unheimlich. Und was das nach sich ziehen kann…
Die Pfadfinder finden plötzlich den Pfad nicht mehr, wenn da ein anderer beschrieben steht, Kinder könnten in ihrem Lebensdrang plötzlich innehalten und Fragen stellen.

Ein Problem allerdings schreit geradezu nach einer organisatorischen Lösung: Das Parkplatzproblem. Denn diejenigen, die weiter auf geteerten Strassen versuchen müssen, die Beine auf die Erde zu kriegen, müssen natürlich zur Bestattung der Asche schnell und bequem zum Wurzelstock gelangen können, und da wir Menschen versuchen, eine letzte Ehre wenigstens einmal, dafür aber alle gleichzeitig zu erweisen, hat der Wald dann den Salat. Und zwar der Teil, der da bleibt, wenn wir wieder gehen. Oder längst für immer gegangen sind.

Darum verweise ich zur wirklichen Lösung des Problems auf die Tatsache, dass wir in der Schweiz den sog. Friedhofszwang gar nicht kennen. Sie können also die Asche Ihres oder Ihrer Liebsten einfach so nach Hause nehmen, in der Kartonschachtel oder einer Urne. Und damit machen, was Sie wollen. Wenn Sie so verfahren, muss sich auch niemand in der Gemeinde Gedanken darüber machen, welcher Firma man denn für diese Art Waldbewirtschaftung den Zuschlag erteilen sollte? Und wenn dann an der Stelle, die nur Sie kennen, plötzlich Blumen spriessen, ist die freudige Erinnerung auch ganz die Ihre. Und das ist ja dann auch der Sinn der Sache, nicht wahr?


Friedwald Solothurn, Bildquelle: friedwald.ch