Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Zu hartes Wasser, zu wenig hartes Brot

∞  7 Januar 2010, 20:52

Meine Kaffeemaschine blinkt und will mir sagen, dass ich sie entkalken muss. Das schiebe ich nun schon eine Woche vor mir her. Zwischendurch vergesse ich es ganz.

“Dass wir aber auch so hartes Wasser haben müssen”, hadere ich. Dann denke ich daran, wie toll wir die Zeit in der Berghütte ohne Wasserleitung gefunden haben, mein Freund und ich, als wir uns da in den Bergen hinter Gotterbarm auf die Matura vorbereitet haben, vor dreissig Jahren, und am Morgen uns am Brunnen wuschen, bei gefühlten 5 Grad Wassertemperatur, Nassrasur inbegriffen. Da wurden wir zu richtigen Kerlen. Ha!

Dann, heute, beim Reinigen der Maschine (das Entkalken muss noch warten), gehe ich behutsam mit dem Wasser um: Lasse es in die Spüle laufen, nachdem ich den Abfluss geschlossen habe. Wir lassen hunderte von Litern Wasser achtlos durch die Leitungen laufen, Tag für Tag, (fast) jeder von uns. Trinkwasser, wohlverstanden. Mein indischer Freund würde sich mal wieder an die Stirn tippen…

Schon komisch: Alles, was mit Mangel oder mit Ressourcenbewusstsein zu tun hat, müssen wir uns immer wieder kraft unserer Vernunft bzw. einer Adaption der Natur in unserem Denken ins Bewusstsein rufen. Unser Strom kommt aus der Steckdose, unser Wasser aus der Leitung, unser Benzin von der Tankstelle. Es ist alles immer da. Und weil das so ist, gebrauchen wir es verschwenderisch, gedankenlos – und verstärken damit das Ungleichgewicht der Welt.
Gibt es eigentlich einen Bereich unserer aktuellen globalen gesellschaftspolitischen Diskussionen, bei denen die Ausbeutung der Ressourcen durch Europäer nicht ursächlich auszumachen ist? Wir haben seit mehr als 60 Jahren Frieden in Zentraleuropa. Aber an den Auswirkungen von zwei in Europa ausgelösten Weltkriegen nagt die Welt ausserhalb unseres Kontinents noch heute. Schauen Sie sich mal die Weltkarte an und suchen Sie nach Grenzen, die komisch grad gezogen sind. Diese augenscheinliche Willkür, die in ihrer offensichtlichen Ignoranz ohne jedes Beispiel ist, lässt noch heute Konflikte weiter schwelen. Und unsere scheinbare Vernunft, unser ökologisches Bewusstsein und der Ruf nach dem entsprechenden Gewissen ist sehr nahe bei einer Selbstgefälligkeit angesiedelt, die uns viele, sehr viele Völker gerne häufiger mal um unsere Nase schmieren möchten. Wir merken es noch nicht mal, bringen “den Menschen” den Tourismus, und kolonialisieren sie weiter. Oder von Neuem. Nur mit dem Unterschied, dass das Heer dieser Kolonialisten heute aus den verschiedensten Himmelsrichtungen kommt. Getroffen aber werden bestimmt immer dieselben.

Hunderte von Litern Wasser für eine nach Europa importierte Frucht. Und vor Ort hat die Familie des Bauern Durst, weil es nicht für einen Grundwasserbrunnen reicht. Oder so.
Während ich meinen trüben Gedanken nachhänge, schrubbe ich das Mahlwerk der Kaffeemaschine. Nein, mir fehlt es wirklich an nichts. Höchstens an dem bisschen persönlicher Energie, um die Entkalkung der Maschine gleich mal durchzuführen. Das macht die Maschine übrigens selbst, man muss nur die richtigen Knöpfe drücken – und das Entkalkungsmittel einfüllen, natürlich. Mensch, ich hab’ Probleme, nicht wahr?