Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Zeitungsartikel: Vom Umgang mit der Sprache

∞  6 Mai 2008, 07:00

Der Schreiber, der mit der Sprache den Leser respektiert, versucht, sich einigermassen einfach auszudrücken.

Von zwei Wegen, die Sprache zu verlieren:
Die Gratiszeitungen haben die Diskussion ausgelöst: Heutige Zeitungsartikel wären in einem so schlechten oder zumindest rudimentären Deutsch geschrieben, dass sie am besten so kurz wären wie eine SMS, denn die Sprache wäre ja schon identisch, kann ich hören.

Grammatikalische Fehler häufen sich in der Zeitung, Wortstellungsfehler, Fragmente, die nach einem Satzumbau vergessen gehen, werden nicht korrekturgelesen. Es fehlt die Zeit. Nur komisch, dass wir alle immer mehr lesen (wollen?). Oder zumindest meinen, wir müssten immer noch mehr lesen, noch mehr Information aufnehmen und verarbeiten. SPIEGEL- Artikel sind heute deutlich kürzer als früher, mindestens im Durchschnitt, und FOCUS hat gerade in der kürzeren Form von Anfang an die Chance zur Profilierung gesehen.

Und bei uns? Kein Format hat so Erfolg wie das Tabloid der Gratiszeitungen. 20Min ist DIE Erfolgsgeschichte. Muss man da als intellektueller Journalist verzweifeln und entsprechend dagegen anschreiben? Ja, gerne. Aber nichts spricht dagegen,dass der Text lesbar bleibt. Die Klarheit der Form, die sich nicht nur in der Länge eines Textes niederschlägt, sondern vor allem in seiner Verständlichkeit, gerade dann, wenn er beanspucht, etwas länger sein und damit mehr Zeit einfordern zu wollen, ist ein Gebot der Höflichkeit, die wir dem Leser schulden.

Komplizierte Themen fördern das Verschachteln der Sätze. Dagegen muss man ankämpfen. Das ist oft mühsam und alles andere als einfach. Aber eine gute Übung und eine Hilfe, Klarheit in die eigenen Gedanken zu bringen, ist es allemal.

Kein Thema ist so kompliziert, dass man nicht auch hinstehen könnte und sagen: Bis hierhin habe ich eine Antwort, und ich hoffe, sie ist zu verstehen und nachzuvollziehen. Und nun stellen sich auch mir Fragen, zu denen ich nur noch Thesen habe.
Und schwupps – ist es noch wichtiger, klar zu bleiben in seinen Satzstellungen.

Die Form des eigenen Schreibens, die Satzbildung, ist, natürlich, auch eine Stilfrage. Jeder Mensch hat ein eigenes Gefühl für den Rhythmus der Sprache. Ihn zu finden kann ebenso das Ziel sein wie ihn zu brechen. Aber am Ende muss doch der Leser in jedem Fall das Gefühl haben, der Verfasser hätte sich verständlich machen WOLLEN. Hat der Leser diesen Eindruck nicht, so mag er das einmal als eine Art Persiflage durchgehen lassen und sich darüber selbst ein bisschen amüsieren können. Spätestens beim zweiten Mal aber fragt er sich, ob er mit diesem komischen Fabulieren sich die eigene Zeit genau so stehlen muss, wie der Verfasser es freiwillig getan hat. Die Antwort dürfte dann ein “Nein” sein, und der Schreiber noch ein Stück einsamer werden – was nicht unbedingt dazu beiträgt, dass er sich künftig klarer ausdrücken wird:

Es liegt eine geradezu grotteske Arroganz in so manchem Text, der schon durch seine Form klar zu machen versucht, dass er sich nur einer Elite erschliessen kann. Ist diese Elite noch in der speziellen Lage, als einziges Grüppchen das Elend der Welt zu erkennen und ganz exklusiv daran zu verzweifeln, so verabschiede ich mich von derlei Weltanschauung freiwillig und ohne jeden Zwang zur Intrige.

Jede andere Vermutung ist so grotesk wie es gewisse Texte in sich selber schon sind.
Hier und da

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Nachtrag: Ich bin weit davon entfernt, in meiner eigenen Ausdrucksweise immer ganz klar zu sein – aber als Leser erlaube ich mir ein ganz unbeschwertes Urteil und lege so manches einfach weg, bevor es zu Ende gelesen ist. Das habe ich mir für die Zukunft auf jeden Fall fest vorgenommen.