Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Wissen und Gewissen

∞  20 Januar 2008, 21:22

Hoppla – zwei Begriffe, so mächtig, dass keine zehn Bücher ausreichen, sie zu ergründen. Schon gar nicht in ihren Wechselwirkungen. Also notiere ich dazu Unausgegorenes aus dem Bauch heraus, Unfertiges, Angedachtes, vielleicht Falsches, aber in jedem Fall wie eine Wasserstandsmeldung meines momentanen Verständnisses von Wegmarken, an denen ich mich immer wieder zu orientieren versuche.




Reloaded vom Nov. 2004



Wissen ohne Gewissen ist der Ruin der Seele.

Don Bosco



Es gibt Menschen mit überragender Intelligenz.
Brillante Geister, die auf fast alles eine Antwort haben.
Wissen ist Macht.
Macht, die ohne Gewissen gelebt wird, ist grausam – aber: richtet sie sich am Ende nicht gegen sich selbst?

Was ist Erhebendes daran, sich selbst zu beweisen, dass man besser ist als andere?

Niemanden auf gleicher Ebene zu wissen, das macht einsam.

Sich ein Gewissen zu bewahren – das ist der Schlüssel zur Weisheit, und damit zu einem Entwicklungsschritt jenseits blossen Wissens, jenseits des Intellekts, der Logik, hin zu einer Auffassungsgabe des Herzens, zu gelebter Achtsamkeit.

Und plötzlich ist das hingebungsvoll spielende Kind vielleicht das neue Vorbild, und die ach so gut eingerichtete eigene Welt, die nur scheinbar komplett verstanden zu werden droht, wird auf eine neue Art geheimnisvoll.

Das Leben wird nie aufhören, uns überraschen zu wollen.

Ich möchte versuchen, jeden Tag ein kleines persönliches Glück zu entdecken.

(c) Thinkabout
1.11.04 23:26




Mein Eintrag kommt mir heute wie ein Sammelsurium von Einzelaussagen vor, die nicht wirklich miteinander verknüpft scheinen. Ich stand damals am Anfang aller meiner Bloggerei und trug in mir einen grossen Drang, endlich das leere Blatt Papier zum Freund zu machen, den Dialog mit mir endlich in einer neuen bewussten Form aufzunehmen.

Das Gewissen hat nie aufgehört, eine Rolle für mich zu spielen.

Das trägt mir immer mal wieder den Vorwurf ein, zum Moralisten zu werden, dabei “hasse” ich jede Tendenz, Menschen mit eigenen Moralvorstellungen knebeln zu wollen. Ich möchte sogar die These vertreten, dass auch das Gewissen eine zutiefst subjektive Funktion hat: Es meldet sich in jedem Leben zu ganz anderen Zeiten und verschieden zu Wort. Aber wenn es sich bemerkbar macht, ist es verheerend, dies nicht ernst zu nehmen.

Das Gewissen ist keine Geissel, sondern fern jeden Zweifels ein Freund, der mir zeigt, was ich zu tun habe. Damit meine ich nicht jenes Gewissen, das mir anerzogen worden ist, mich auf ein Handeln verpflichtet, auf Bezeugungen meines wohlfeilen Tuns in den Augen anderer.

Ich habe eher die Gedanken im Visier, die mir ganz still aber ohne Kompromisse sagen, dass etwas falsch oder richtig ist, dass mir etwas schadet. Es ist jener Instinkt, der mich mit meinem Wissen richtig umgehen lässt, wenn ich denn bereit bin, danach zu fragen.

Sehr viel mehr als jeder Gewissensaspekt, der nach einer erziehenden Moral des Verhaltens verlangt, interessiert mich das Gewissen, das nach der Verwendung meines Wissens fragt: Wie gehe ich mit dem um, was ich gelernt habe?

Warum ist es so schwierig, wirklich hinzu zu lernen im Leben?
Weiss ich, dass ich erst dann ein Wissen wirklich in mir verankert habe, wenn ich es nicht doziere, sondern danach lebe?

Erkenne ich hinter dem Verständnis eines Vorgangs das Wunder seiner Entstehung oder werde ich arrogant gegenüber jenen, die mich nicht verstehen wollen?

Will ich selbst verstehen, weil ich Kontrolle suche, Angst habe vor Überraschungen, oder ist meine Neugierde nicht zu stillen und damit Ausdruck meiner Lebensfreude?

Bin ich voller Fragen und doch nicht ungeduldig, wenn die Antworten auf sich warten lassen? Werde ich müde, meine Fragen immer wieder neu zu stellen? Und wenn ich Antworten habe – begegne ich ihnen mit Ausflüchten?

Bin ich demütig genug, dass ich weiss, dass ich niemals genug weiss und danach lebe, um kein Gewissen mehr zu brauchen?





Bild: Darstellung des Manjushri-Buddha bei mahesh-spiritual-art.org