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Wird die Causa Wulff auch zur Medienaffäre?

∞  31 Januar 2012, 16:56

Ein Beispiel einer tendenziösen Berichterstattung in der Affäre Wulff – Die Medien laufen Gefahr, die Wahrheit genau so zu biegen wie der Protagonist.

Persönlich gehöre ich zu jenen, die finden, dass Bundespräsident Wulff sein Amt beschädigt, indem er allzu oft mit Verschleien und Taktieren Vorgänge vertuscht hat, die Zweifel an seiner absoluten Unabhängigkeit aufkommen lassen, und ich finde, dass ihm zum Wohl Deutschlands und zum Erhalt eines Restes an Achtung seiner Person eigentlich nur eine Konsequenz bleibt: Der Rücktritt.

Es gibt in der Bevölkerung aber nicht nur den Missmut gegenüber dem Präsidenten, sondern auch ein starkes Unbehagen gegenüber der Macht der Medien und der Art, wie sie ein Thema befeuern, ist einmal der Entscheid gefallen, dass eine bestimmte Person zu demontieren ist, aus welchen Beweggründen auch immer. In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen einzelnen Artikel hinweisen, der in seiner Machart aufzeigt, wie unlauter das ist, auch wenn dem Artikel umgekehrt nicht vorgeworfen werden kann, er würde die dafür ermittelten Fakten nicht korrekt oder vollständig nennen:

Spon berichtete titelte [1] gestern:

Wulffs Kanzlei soll Kreditgeber Geerkens vertreten haben

Und setzte darunter folgenden Vorspann:

Neue Vorwürfe gegen den Bundespräsidenten: Laut einem Bericht soll Christian Wulffs frühere Anwaltskanzlei dessen Freund Egon Geerkens vertreten und von ihm Kanzleiräume gemietet haben. Wulff hatte gesagt, er habe keinerlei Geschäftsbeziehungen mit Geerkens gehabt.

Das Wörtchen “frühere” spielt die entscheidende Rolle. So, wie der Text und der ganze erste Teil des Artikels aufgesetzt ist, liest man ihn so, dass die Anwaltskanzlei, deren Partner Wulff war, Geerkens eben doch vertrat und bei ihm Mieter war – zum Zeitpunkt, als Wulff Partner war.

Erst zum Schluss des Artikels wird erklärt, dass die Kollegen von tagesschau.de ihre Schlussfolgerungen aufgrund von Geschäftskorrespondenz der Kanzlei mit Geerkens machte, bei der im Briefkopf der Name von Wulff prangte – allerdings zu einem Zeitpunkt, als dieser längst als Partner ausgeschieden war und nicht mehr aktiv mitarbeitete. Die Änderung des Briefkopfs war schlicht vergessen gegangen.

Angesichts dieser Berichtigung, die bisher nicht widerlegt ist, erscheint mir dieser Artikel tendenziös zu sein und damit stossend.

Natürlich kann man nun sagen, dass Wulff mit seinem Verhalten solche Berichterstattung mit auslöst – das macht es aber nicht besser oder richtiger. Auch diese Bundespräsidentenaffäre wird am Ende mehr beschädigen als eine einzelne Karriere – und zwar auf beiden Seiten.

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Link:
[1] Wulffs Kanzlei soll Kreditgeber Geerkens vertreten haben