Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Wir sind zu Viele

∞  25 August 2013, 13:23

Durch unsere Freunde, die vor Jahren schon in Funchal waren, wird es deutlich: Immer mal wieder ein Erstaunen: “Das Gebäude ist aber auch neu.”
Es wird gebaut und gebaut.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Funchal hat noch immer schöne Ecken und die malerischen Gässchen im Zentrum sind unangetastet. Aber die Hänge rundum sind längst nicht mehr grün. Und mit mir ist es wie mit einer Sensibilisierung der Haut bei einer Allergie: Wenn mir die Menschen entgegen kommen, dann spüre ich das körperlich:

Wir sind zu viele.

Ich stelle mir nur schon das Ausmass unserer Ausscheidungen in dieser Hauptstadt vor. Pro Tag. All das Papier und vor allem den Plastik, den wir verbrauchen, tagtäglich. Und wie viel davon fällt an, weil wir es dem Tempo opfern, und der Wirtschaftlichkeit. Ein Beispiel:

Das Housekeeping wechselt jeden Tag den Sack im Abfalleimer in der Küche. Es ist “nur” eine ganz dünne durchsichtige Folie, aber sie wird ersetzt, auch wenn nur Papierschnipsel im Kübel sein sollten. Würde man es so einrichten, dass dieser Sack nur ersetzt wird, wenn er voll ist oder biologische Abfälle enthält, wäre das umweltfreundlicher. Aber es würde bedeuten, das Personal entsprechend zu schulen und zu riskieren, dass es nicht richtig umgesetzt wird – und womöglich würden zwei Gäste reklamieren. Das ist viel zu umständlich, zu arbeitsintensiv. Es ist viel leichter, jedem neuen Hausmädchen die Handgriffe zu erklären und nichts weiter:
Du kommst rein, Küchenabfalltür öffnen, Sack raus, Sack rein, fertig.

Und wird eine ökologische Usanz Standard, wird damit Werbung gemacht – auf oft auch schon wieder fast unerträgliche Weise. Wie mit den Handtüchern, die in vielen Hotels nur gewechselt werden, wenn der Gast sie auf den Boden wirft und liegen lässt. Schön. Aber damit hat es sich dann auch meist schon. Wir funktionieren alle nach dem Diktat des Tempos: Fortschritt ist, wenn wir schneller wohin kommen. Und wir wollen alle da hin, wo alle andern auch hin wollen. Und da wir uns das alles nur leisten können, wenn die Wirtschaft wächst, stellt sich das Problem mit der Natur für uns immer erst hinterher. Und dann ist es für Vieles endgültig zu spät.