Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Wir sind unsere Inspiration.

∞  15 August 2013, 23:47

Häufig genug habe ich davon geschrieben: Es ist nicht gut, sein persönliches Glück von der Gegenwart eines bestimmten Menschen abhängig zu machen – von einer bestimmten Beziehung – und schon gar nicht von der Fürsprache eines ganz bestimmten Menschen. Aber unbestritten ist, dass Menschen, denen wir in Liebe oder Unfrieden begegnen, so viel in uns anrühren können wie wenig sonst: Sie sind uns Inspiration oder Blockade, Muse oder Nervtöter, manchmal gerade so, als wären sie allein unsere Welt.


istockphoto.com/aldomurillo: “Adorable Group Of Friends”




Begegnungen mit Menschen, Zwiesprache, Beispiel, Haltung – jede Hinwendung mit Sprache, Geste, jedes Beobachten und jede Förderung durch Zuspruch können das sein, was ich Inspiration nenne. Wohl jeder von uns weiss von Situationen und Menschen, welche ihn ganz massgeblich beeinflusst haben, weil sie der entscheidende Faktor waren, dass man einen Weg verlassen oder ihn eben gerade weiter gehen konnte.

Und wären wir uns mehr bewusst, wie sehr unsere eigene Stimmung die Atmosphäre für uns selbst und andere prägen kann, wir würden im Zusammensein mit Menschen die darin möglicherweise ruhende Kraft viel eher ausmachen, genau so, wie wir die Beliebigkeit unachtsamer Gleichgültigkeit viel schneller meiden könnten.

Es gibt so viele Menschen, die etwas Bestimmtes viel besser können als ich. Dass ich gerade mit dem Ziel, darin selbst besser werden zu wollen und lernen zu können, den Kontakt zu ihnen suchen darf, ist eine Qualität in meinem Leben. Ich ertappe mich dann manchmal dabei, dass ich im Versuch zu lernen, besonders ernsthaft bin, weil ich damit die Gunst des Lehrers ehren will, der sein Können erklärt und weiter gibt: Ich will seiner Mühe einen Wert schenken, indem ich im Rahmen meiner Möglichkeiten verarbeite, sichtbar für ihn, was er mir anbietet.

Ein ganz besonderer Lehrer ist mir jener väterliche Freund, der im Grunde gar nicht nach diesen Zeichen fragt, sondern um den Wert wirklicher Entwicklung weiss, wenn sich Gelehrtes mit der eigenen Erfahrung des Schülers zu einem neuen Ganzen formen kann, das ausserhalb des direkten Vergleichs steht: Es ist kein Kopieren, kein Nachsteigen mehr – es ist ein Gestalten und Suchen nach eigenen Wegen, dem eigenen Ausdruck, der Kreativität, die in Form und Inhalt eigenständig werden kann: Die Inspiration des Lehrers liegt nunmehr im Mut und Zutrauen, das sein Schüler für seine eigenen Ideen aufbringt und ihn davon nicht mehr abrücken lässt. Weil er sich selbst treu bleiben und niemandem nachreden und nachdenken will. Nicht an jenem Punkt, an dem ein eigener Einwand, die eigene Erfahrung und das andere Talent eine Weggabelung bedeuten, an der ich feststelle:

Ich kann tatsächlich auf diesem anderen Weg weiter gehen. Und ich bin mir erst dann wirlich nicht lieb genug, wenn ich leichtfertig aufgebe und einreden lasse (oder das gleich selbst besorge), dass ich gewiss versagen werde.

Was ist denn ein Versagen? Das Buch, das nie geschrieben wurde? Vielleicht gibt es dieses Buch längst, seelisch-virtuell, als persönliches Seelentatoo langer, tiefer Auseinandersetzungen mit sich selbst, als Teile einer Wahrheit, die fundamental geworden sind, ganz ohne äusseren Leistungsausweis. Im Innern aber hört unser aller Versuch nie auf, uns auszudrücken, zu fassen, uns selbst zu erklären, zu spüren: Das Geschwätz abzustellen und das Gespräch zu beginnen mit sich selbst.

Inspiration ist jene Kraft, die Sauerstoff für mein eigenes Feuer wird.
Inspiration führt weiter, näher, tiefer zu mir hin.