Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Wir sind absurd

∞  30 Juli 2011, 19:41

Wenn der Tod unsere Wahrnehmung erreicht, wenn seine Sinnbilder in unsere Köpfe dringen können und wir ausnahmsweise mal nicht mit der Vernunft, sondern tatsächlich als wache Empfindung erfahren, dass das Leben bedroht ist, dann… ja, was dann?


Die westlichen Medien überschlagen sich in der Aufarbeitung der Anschläge in Norwegen mit Aussagen wie: “Das Land wird nie mehr sein, was es war. “ Die Wochenzeitung DIE ZEIT kritisiert die Medienarbeit (und ihre Auflagenbolzerei) als Ausschlachtung der Sensation – und bringt in der aktuellen Ausgabe selbst als Schwerpunkt-Thema die Berichterstattung über Anders Boehring Breivik und fragt: “Nur ein Einzeltäter?”

Wir leben in einer Welt, welche zum Erleben von Bedrohungen ins Kino geht, wo die Action-Streifen in ihrer Zukunftsphantastik genau so entrückt sind wie in der Darstellung der Gewaltexzesse. Besteht unser Leben je länger je mehr aus Ersatzhandlungen, Kompensationen für entgangenes wahres Erleben? Bungee-Springen wird ja schnell genau so ätzend wie alles andere, was man sich mühsam als Kick hinzu erfindet.

Das Leben ist uns kostbar, sagen wir und meinen wir und glauben wir –und dröhnen es uns doch zu, wobei wir die Ressourcen anzapfen, welche genau dieses Leben dann wirklich bedrohen. Unser aller Leben.

Derweil lesen wir von Somalia, wir sehen “es” auch. Den Hunger. Die Not. “Absurd!” schreit es in uns. Und wir schütteln den Kopf über den gleichzeitig stattfindenden Bürgerkrieg in diesem Land. Derweil spricht die EU weitere 106 Milliarden für Griechenland – was da für Somalia und die Ursprünge des Hungers auf der Welt im Vergleich dazu aufgewendet wird ? Fragen wir lieber nicht so genau nach, wir wissen es auch so: Wir leben so absurd, wie es unsere Reaktionen sind.

Das Leben ist lebensgefährlich. Aber das Leben wäre auch lebenswert, lebendig, farbig, freudig und reich an Sinneseindrücken. Es böte eine Art Wohlstand, die wir mit unseren Bikes mit Karbonbremsen und Dreifachfederungen mit Schockdämpfung todsicher übersehen, wenn wir “in der Natur” sind. Als Ausflug. Ferienbeschäftigung. Nette Abwechslung zur Zivilisation.

Das alles will ich einfach nicht verstehen. Und was ich ganz überhaupt gar nicht verstehe: Diejenigen, die unsere Probleme nicht haben, wollen sie so schnell wie möglich kriegen…