Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Wie ich meinen Reisepass wieder finden durfte

∞  17 September 2011, 21:15

Wie ich meinen Reisepass wieder entdeckte. Durch Zufall? Vielleicht. Aber es ist für mich von Bedeutung, WIE ich ihn fand.


Es ist nun zwei Monate her, als ich das letzte Mal meinen Reisepass in der Hand hatte. Dass ich ihn suchte, ist nicht das erste Mal, dafür bin ich zu chaotisch. Einigermassen erstaunlich war, dass ich noch wusste, WO und WANN ich ihn das letzte Mal in der Hand hatte. Vor einem Ausflug in den Schwarzwald war es, als ich mich im letzten Moment entschloss, nur die ID mitzunehmen und den Pass zu Hause zu lassen. Und was ich auch noch wusste: Dass ich ihn nicht an dem Ort zurück liess, wo ich ihn normalerweise aufbewahre.

Tja, und als ich ihn das nächste Mal brauchte, war er nicht da. Nicht in der angestammten Schublade. Und da dämmerte es mir schon: Ach ja, der Schwarzwald. Also ab ins Zimmer, wo ich die Entscheidung damals traf, und…. Da lag mittlerweile viel. Das Zeugs vermehrt sich aber auch ständig. Ich sehe da nicht nur fern, ich bewahre da auch all die interessanten Dinge auf, die ich noch ansehen und vor allem lesen will. Dass da auch Kleider herum liegen, fällt manchmal fast gar nicht mehr auf. Nun, ich sage es nicht gerne – aber ich reiste auch nach Deutschland nur mit der ID – was ja kein Problem ist. Aber normalerweise ist das eine bewusste Entscheidung – und nicht die einzige Möglichkeit. Also nahm ich mir vor: Wieder zu Hause, wird gesucht. Systematisch.

So ein Projekt braucht Energie. Also erst noch in die Ferien. Jetzt sind die Energiespeicher voll, und Thinkys Wife erinnert mich zusätzlich daran, ganz staatstragende Bürgerin, dass, wenn ich den Pass nicht finde, man das auch melden und ihn damit sperren müsse. Es könnte ja sein, das ich ihn doch irgendwo verloren habe, oder….? Nicht auszudenken auch, wenn ein Einbrecher ihn fände… der häte auch bessere Chancen, denn er würde wahrscheinlich meine Stapel an Zeitungen ganz anders umdrehen und nicht bei jedem dritten Buchstaben lange überlegen, ob er das nun rasch lesen soll…

Also schmeisse ich mich ran und wühle mich durchs Papier. Am Ende habe ich drei Stapel fürs Altpapier gebündelt. Aber noch keinen Pass. Auf jeden Fall könnte ich ihn nach wie vor nicht vorzeigen. Dann greife ich auf einer Ablage unter eine ausrangierte iPad-Hülle – und habe den Pass in der Hand.

Ich präsentiere meiner Frau das Ding wie eine Trophäe. Und fühle, dass ein Druck von mir abfällt. Es kommt zwar weniger häufig vor als auch schon, aber manchmal suche ich meine Dinge an allen Ecken und Enden. Das ist mühsam, raubt viel Energie, und ist absolut unnötig. Was mir völlig klar ist, aber eben nur dann, wenn ich etwas suchen muss…

Und nun komme ich noch zu einem Nebenaspekt der Geschichte, der für mich eigentlich zentral ist. Etwa eine halbe Stunde nach dem glücklichen Fund bleibe ich plötzlich wie vom Donner gerührt stehen. Denn ich erinnere mich gerade wieder, was genau unmittelbar vor dem glücklichen Wiederfinden des Reisepasses geschah:

Ich führte ein Selbstgespräch. Das ist bei mir öfters eine Art Gebet, das ich so erklären möchte: Ich rede erst mit mir selbst, werde mir dann bewusst, dass mir zugehört wird, und richte dann schon auch mal ein Stossgebet an meinen Gott – oder eine Frage. Hier war es so, dass ich mir vergegenwärtigte, wie viele Monate ich nun immer mal wieder an diesen blöden Reisepass denken musste. Ich machte mir Gedanken dazu, wie unterschwellig einem so eine pendente Sache Energie absaugen kann, gelobte Besserung und fragte mich – und dann Ihn, was mich diese Episode denn nun noch lehren könne? Und keine zwei Minuten später griff ich unter die iPad-Hülle und fand den Reisepass.

Dass ich eine halbe Stunde später fast erstarrte, lag daran, dass mir das erst in diesem Moment wieder bewusst wurde. Trotz der engen zeitlichen Abfolge meiner Gedanken und des glücklichen Funds hatte ich das sofort verdrängt und war ganz in der Erlösung über das beseitigte Problem aus dem Zimmer gegangen, um meiner Frau die Kunde zu bringen. Und ich fürchte, dass wir sehr oft so leben: Wir haben durchaus mal Sinn für Stossgebete. Es kann ja nichts schaden, nicht wahr? Aber dass wir je mehr als einen Zufall darin sehen würden, wenn tatsächlich Hilfe geleistet wird? Ist da ein empfundenes Unrecht, können wir hingegen sehr gut mal rasch grundsätzlich werden und darin geradezu einen Beweis sehen, dass es da nichts gibt, was eine höhere Ordnung nahelegen würde.

Tatsächlich lebe ich im Grunde immer wieder in dieser Art Zwiesprache, und wenn ich dann eine solche Sache erledigt bekomme, dann sage ich auch danke. Normalerweise stelle ich auch gleich einen Bezug zwischen Ereignis und Hilfe her. Ich lebe gut damit und fühle mich wohl, in dieser Art und Weise mit meinem Gott, der für mich eine Art begleitender Vater ist, verbunden zu sein. Dass ich heute erst gar nicht begriff, wie unglaublich nah Ansprache und Fund zusammen lagen, lässt mich nun auch mit diesen Zeilen nochmals durch dieses Erlebnis gehen, um zukünftig tatsächlich bessere Ordnung und noch bessere Verbindung mit meinem Fährtenlenker zu halten.