Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Wie ich Mariano kennen lernte

∞  27 Juli 2010, 23:17

Gestern Montag habe ich Mariano kennen gelernt. Und dazu habe ich selbst nun wirklich überhaupt nichts beigetragen. Ich bin einfach so mit einer sehr abwechslungsreichen und lehrreichen Tennisstunde mit einem Top-Spieler belohnt worden.

Mariano ist ein paar Wochen für einen Sprachkurs in der Gegend, per Zufall am Club vorbei gefahren und hat sich gedacht, er könne ja mal fragen. Wie er mir erklärt, macht er das immer so. Er spielt einfach sehr gern und hat ein sonniges Gemüt, das ihn ganz offensichtlich blendend davor schützt, einen allenfalls negativen Bescheid persönlich zu nehmen.

Und man kann bei uns Tennis spielen. Jeder kann es gegen eine geringe Gebühr. Man muss halt eben fragen – und in aller Regel einen Partner haben. Oder kennen. Oder aber man heisst eben Mariano und geht einfach schnurstraks auf den einzigen Mann zu, der nicht in Tenniskluft herum steht: Das ist unser guter Geist von Platzwart, der viel mehr ist als das und noch so gerne hilft. Und so bekam ich seinen Anruf, hörte von Mariano – und hatte schon einen neuen Termin.

Nun, was soll ich sagen? Mariano spricht kein Deutsch, aber er will partout, dass ich deutsch rede. Denn seit einer Woche lernt er das, und ich bin verblüfft, wie viele Sätze er schon bilden kann – und wie gut er mich vor allem versteht. So entwickelt sich beim Kaffee eine lebhafte Kauderwelsch-Unterhaltung mit Händen und Füssen als unverzichtbare zusätzliche Verbalinurien, und wir amüsieren uns einfach prächtig. Mariano rollt mit den Augen und lächelt. Mariano hat ein sonniges Gemüt, und offensichtlich ist nichts daran aufgesetzt.

Ach ja, Tennis haben wir auch gespielt. Der quirlig zähe fünfundfünfzigjährige lange Meter, geschätzte 1m65 würde ich sagen, hat mir gezeigt, wie gross der Platz ist, und was ein AufSCHLAG ist. Du liebe Güte. Am Ende habe ich verloren, natürlich, aber gegen Mariano kann man sich nicht ärgern. Man freut sich über eigene Erfolgserlebnisse, die er mit Bravo-Rufen quittiert (ich sage Ihnen, mein Return hat aber so was von gesessen, zwei Mal im ersten und einmal im zweiten Satz), und die verspringenden Bälle des Damendoppels nebenan spielt er so charmant und stoisch gleichmütig zurück, dass ihn die Ladies am liebsten gleich einbürgern würden. Ja, Mariano würde zu uns passen. Nicht, weil wir so sagenhafte Typen sind, sondern, weil Menschen wie Mariano überall gern gesehen werden, es sei denn, eine Gesellschaft ist eh rettungslos verloren. Wenn nicht, wird Mariano sich freuen, genau jetzt an diesem Ort zu sein. Und wenn Sie auch da sind, können Sie es spüren.


:::
abgelegt in den Themen Tagebuch und Zugeneigt
:::