Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Wesenszüge des Verkäufers in der Bloggerseele

∞  19 April 2008, 15:19

Oft habe ich als Verkäufer nach dem Wert einer Tätigkeit gefragt, bei der ich – immer auch Partei – versuche, “mein Produkt” mit seinen Stärken und Schwächen gegen das Konkurrenzprodukt mit dessen Stärken und Schwächen durchzusetzen.

Nicht immer, wenn ich erfolgreich war, konnte ich das wirklich auf das Produkt zurück führen, und nicht immer, wenn ich keinen Erfolg hatte, war das auf Nachteile des Artikels zurück zu führen.
Wer verkauft, merkt schnell, dass ein Verkauf immer auch eine Sache der Chemie ist: Wer sich zutiefst unsympathisch ist, wird sich hüten, gegenseitig Geld gegen Ware zu tauschen, wann immer das möglich ist. Also spielen immer “weiche” Faktoren wie Sympathie mit eine Rolle – weil auch Vertrauen dazu gehört, jemandem für eine Ware einen verlangten Wert zu bezahlen. Geht es dabei um eine Dienstleistung, ist das ganz stark ausgeprägt.
Wenn ich aber als Verkäufer immer auch auf das Vertrauen des Käufers angewiesen bin, dann muss ich mir eine Eigenschaft zulegen, die mein Selbstbewusstsein im Einsatz für das Produkt begleitet:

Demut.

Er kommt ganz sicher, wird akzeptiert, der Moment, in dem ich mit dem Entscheid des Kunden leben muss. So bald ich eine Offerte abgebe, erlaube ich dem Kunden ein Urteil, egal, wie sehr ich ihn fachlich oder menschlich dazu qualifiziert glaube. Und es ist meine Aufgabe, mit seinem Urteil dann selbst umzugehen. Ich muss ein Nein akzeptieren. Und wenn ich es nur auf seinen mangelnden Durchblick zurück führe, schütze ich vielleicht mein Ego, aber ich verbessere mich sicher nicht.

Und wie ist das nun, wenn ich ein Blog eröffne, ein Forum gründe? Irgendwann gehe ich online, veröffentliche Content, etabliere einen User-Nutzen. Ich tue es freiwillig und das Angebot ist gratis. Man kann bei mir lesen oder auch nicht. Auf diesem Hintergrund kann ich jede Kritik annehmen oder ablehnen, das ist mein gutes Recht. Aber im Grunde muss ich jeden, der sich zu meinem Web-Erzeugnis äussert, ernst nehmen. Denn wenn ich es nicht tute und dabei wenn möglich auch meine Laune noch eine Rolle spielt, dann kann sich jeder fragen: Und bei nächster Gelegenheit – werde dann ich ignoriert?

Es ist eine grosse Herausforderung, in einem Online-Auftritt seine Linie zu finden und dann diese auch durchzuhalten. Es ist für sich selbst, ganz allein, schon schwierig, in einem Team aber noch sehr viel aufreibender. Es wird viel Energie verbraucht. Aber sie muss eingesetzt werden, denn es ist immanent für die Lebendigkeit des Angebots.

Wenn wir dann sagen: “Scheiss drauf, schliesslich ist es gratis”, dann belügen wir uns schon selbst. Denn wir wollen für unseren Aufwand ja Feedback, mindestens das Gefühl, in unserem Tun verstanden und respektiert zu werden.

Es mag ein manchmal heilsamer, guter, schützender Kunstgriff sein, dass wir mal sagen können: Das ist mir jetzt nicht wichtig, auf diese Meinung gebe ich nichts. Ich schreibe, gestalte, konzipiere für mich. Aber ich will mich nicht selbst belügen: Ich möchte gelesen werden. Möglichst vollständig verstanden werden und im Grunde niemandem gleichgültig sein. Obwohl ich das nicht verhindern kann, und will (ich mag nicht zum Unglück verdammt sein). Und jetzt schmunzle ich mal eine Runde und freue mich auf meine weiteres Wohnen in meinem Haus und die offene Türe. Und ich wage das Angebot weiterhin.

Und damit alles, was danach kommt.