Thinkabout

Braucht es, um der Grösste zu sein, nur die entsprechende Statistik? Oder ist der Charakter, die sportliche Fairness, das Image auch bedeutend?

Die Diskussion um die grössten Fussballer aller Zeiten wird unter Fans leidenschaftlich geführt. Sie ist aber auch für den neutraleren Fussballer interessant: Ist Pelé der grösste Fussballer aller Zeiten? Oder Maradona? Der eine hat ein weisses Image, der andere prägte das Spiel in einer neueren, athletischeren Zeit – allerdings mit dem Makel konsumierter Drogen und erschlichener Tore – Maradonas Hands-Tor an der WM gegen England ist noch berühmter als Thierry Henrys Tor gegen Irland.

Es lässt sich darüber endlos diskutieren, und auch erkennen, wie weit die Mitglieder einer Gesellschaft bereit sind, den blossen Erfolg über die Art zu stellen, mit der er erreicht wird. Und nun kann man diese Debatte am Beispiel zweier aktueller Top-Spieler weiter führen. Sie standen sich gestern Abend in Barcelona auf dem Rasen einmal mehr direkt gegenüber. Beide brechen Rekorde en masse – und könnten unterschiedlicher nicht sein:

Gestern abend behielt Christiano Ronaldo mit Real Madrid gegen Leonel Messi in Barcelona die Oberhand, erzielte das entscheidende Tor und entschied damit praktisch die Meisterschaft. Was er dann in der letzten Viertelstunde bot, war die andere Seite des Herrn Ronaldo: Er war mindestens zweimal tödlich getroffen und blieb scheinbar schwer verletzt liegen im Versuch, den Schiedsrichter von einer Tätlichkeit seines Gegners zu überzeugen. Endloses Palaver, riesige Theatralik -und noch eine brandgefährliche Aktion. Alle diese Dinge wären für Leonel Messi undenkbar. Der kleine, wirblige Spieler hat nur dann eine breite Brust, wenn er den Ball am Fuss führt. Keiner wird mehr gefoult, keiner bleibt weniger liegen. Eine Schwalbe? Bei Ronaldo zu vermuten, bei Messi undenkbar. Eskapaden und Partygeschichten abseits des Platzes? Fehlanzeige. In einer Zeit, in der Glamour mit Skandalen schon fast gleich gesetzt wird, bleibt Messi das, was er wirklich ist: Ein junger Mann, der schrecklich gerne Fussball spielt.

Für mich ist er wegen seiner herausragenden Qualitäten der wirklich beste Fussballer aller Zeiten – und angesichts seiner Haltung ein Mensch, den sich Viele zum Vorbild nehmen können. DAS macht ihn für mich zum Vorbild. Fussball spielen kann ich nie so gut wie Messi. Ich kann überhaupt nichts so gut wie Messi Fussball spielt. Aber ich könnte mich bemühen, ein bisschen unaufgeregter und bescheidener zu sein in Vielem. Gerade auch dort, wo ich meine eigenen Erfolge habe.