Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Wer gewinnt, verantwortet auch die Befindlichkeit der Minderheit

∞  14 Januar 2014, 21:13

istockphoto.com/perepelova: “Vote”

In Ägypten stimmt das Volk zum dritten Mal über eine neue Verfassung ab. Auch diese will vor allem eines: Die Macht jener sichern, die sie haben. Immer wieder fällt mir auf, an was so viele politische Landschaften kranken, und wie hohl die Bezeichnung “Demokratie” eigentlich ist. Denn das, was die Demokratie wirklich auszeichnet, was sie zur wirklich menschlichsten Regierungsform macht, ist der Grad an Sinn und Respekt, den der Sieger für den unterlegenen Rest übrig hat. Und die Antwort auf die Frage: Wie sehr macht der Gewinner Politik für die eigene Mühle, und wie hoch ist der Mutwille, Regierung oder Präsident zum Wohle aller zu sein. Als Sieger einer Abstimmung ist das sehr viel einfacher: Denn wir alle kennen in der Schweiz das Gefühl, überstimmt worden zu sein. Die Sachfragen, über die wir abstimmen, sind nicht selten so komplex, dass es auch nicht ein so einfaches Ja oder Nein, Gut oder Schlecht gibt. Geht es ans Eingemachte und ins Konkrete, so ist da Für und Wider, und am Ende, nach der Abstimmung, ist vor der nächsten Sachentscheidung. Wir alle gewinnen und verlieren laufend, und nichts fühlt sich so beklemmend an, wie wenn Sieger in der Trunkenheit ihrer Freude die Argumente der Gegner ein weiteres Mal niedermachen. Was selten so explizit geschieht, ausser, man ist SVP-Jünger und weiss damit, dass am Tag nach dem Sieg oder (zum Glück ist das fast genau so häufig) der Niederlage der nächste Abstimmungskampf beginnt.

Und nichts hat daher so viele Schweizer, die nicht Blochers Meinung waren, so sehr an seinem Politstil gestört, wie eben genau dieser fehlende Respekt. Doch was sich so lange so tief eingebürgert hat, kann noch nicht mal innert einer Generation wirklich sabotiert werden. Zumal, siehe oben, Niederlagen die Mütchen jeweils früher wieder kühlen…

Zur Demokratie gehört zwingend die Demut der Politiker vor dem Volksentscheid. Wer von uns ist sich sicher, dass “seine” Politiker dies noch verkörpern?