Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Wenn Unsicherheit gelassen angenommen werden kann

∞  11 Juni 2013, 23:23

Gehen wir zum Arzt, nehmen wir dahin alle unsere Ansprüche mit. Wir haben ein Problem, und das muss weg. Wir lassen uns untersuchen, Testreihen beweisen und verdeutlichen, wie wichtig man uns nimmt und wofür wir die Krankenkassenprämien all die Jahre gezahlt haben. Nicht wenige unter uns gehen davon aus, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt, ja, und selbstverständlich auch, dass man den Grund für das Problem erkennt.

Nun ist es aber so, dass nicht jede Unpässlichkeit, jede Einschränkung in der Bewegungsfreiheit ergründet werden kann. Nicht jede Ursache für wiederkehrenden Schwindel, zum Beispiel, lässt sich zweifelsfrei eruieren und schon gar nicht mit Sicherheit ausmerzen. Unsicherheit des Gleichgewichts – etwas, mit dem viele Menschen mit zunehmendem Alter häufiger zu kämpfen haben. Da heisst es dann: Freizeitprogramme zurück fahren, Geduld haben, Tests machen – eben – und vielleicht auch einfach, zu akzeptieren, dass das eigene Betätigungsfeld ein bisschen kleiner wird.

Ich hatte heute ein sehr beeindruckendes Gespräch mit einem älteren Kollegen im Sportclub, in dem es genau darum ging: Um den Umgang mit diesem Phänomen, ohne die Ursache zu kennen, ohne zu wissen, wie schnell und wie gut sich dies beheben lässt. Um die Auseinandersetzung mit einem Verdikt, das ohne Namen bleibt, nicht benennbar als Krankheit – der Kollege ist gesund – nach allen Massgaben aller Tests. Wie damit umgehen, dass es keine Antworten gibt? Keine Sicherheit?

Ganz wunderbar, was er dazu sagen konnte:
Es ist doch gut und wichtig, dass wir aktzeptieren, dass wir nicht alles wissen können – ja, dass wir nie alles wissen werden und nie genug, um diesen Lauf aufzuhalten. Was möglich ist, wird je länger je mehr ein Geschenk sein. Und so soll und will er das auch nehmen können. Das hat so etwas wunderbar Entwaffnendes, zeugt von einer Gelassenheit, und als ich an diesem Gespräch teilnehmen durfte, fühlte ich mich frei und froh. Menschen, die ihr Dasein als Geschenk betrachten können, so, wie es ihnen angeboten wird, sind Friedensstifter für andere Seelen.

So ein Abend mit Tennis hat oft einen Erlebnis-Höhepunkt abseits des Platzes.