Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Weiniger Provokation, mehr Information

∞  21 März 2008, 17:21

Der Kampf um Aufmerksamkeit für Minderheiten in den Medien ist oft steinig bis aussichtslos. Beim Tibet-Konflikt ist das für einmal anders: Er ist zu einem zentralen Punkt der Medienberichterstattung geworden.

Natürlich wollen die Exiltibeter diese Chance nutzen – und die Medien versuchen, den Hype immer noch ein bisschen mehr köcheln zu lassen.

So erreichte mich dieser Tage ein Rundmail mit dem Hinweis auf ein Video-Interview, das der VJ (Video-Journalist) Toni Bichsel für Tele Bärn mit einem Exil-Tibeter machen wollte. Ich erfahre, dass der Journalist dabei von einem Angestellten der chinesischen Botschaft massiv behindert worden sei. Das entsprechende Videomaterial ist dann auch flugs bei espace.ch ins Netz gestellt worden.

Auf dem Film sieht man den Exil-Tibeter vor der chinesischen Botschaft. Die Kamera ist direkt auf das Gebäude gerichtet. In der Folge bekommt man den Streit zwischen einem hör- aber unsichtbaren Botschaftsangestellten und dem noch besser hörbaren Bichsel mit, während eine Hand einen Teil der Linse abzudecken versucht.

Ich frage mich, wie lauter hier die Absicht war, journalistisch über die Sache der Tibeter informieren zu wollen. Es kann durchaus provozierend wirken, gefilmt zu werden, auch wenn die Kamera von öffentlichem Grund auf unser Haus gerichtet wird – oder vom Nachbarhaus. Wir alle schätzen das nicht und fühlen uns dabei unwohl. Nun ist eine chinesische Botschaft zwar nicht ein privates Gebäude, aber es dient auch keinem für die Allgemeinheit dienlichen öffentlichen Zweck und es ist schon gar nicht frei zugänglich. Auch findet zur Zeit des Interviews keine Demonstration statt, sondern der Ort wird gezielt aufgesucht, um hier das Interview zu machen.

Die Aufregung ist also ein bisschen gesucht und das Interview wird zur Nebensache. Schlagzeilen sind aber garantiert und Empörung auch. Daher ja auch das Rundmail.

Ich möchte doch dazu raten, bei aller seelischen Not und der unverhofften Gelegenheiten zu mehr Aufmerksamkeit, kühlen Kopf zu bewahren und Inhalte zu vermitteln. Die Provokation ist dafür ein untaugliches Mittel. Und die Medien sollten sich genau so darum bemühen, die Hintergründe zu recherchieren. Gerade dann, wenn der Zugang zu Informationen eigentlich ohne grosse Mühe möglich ist, sollte dies genützt werden. Es ist im Zusammenhang mit Tibet selten genug Gelegenheit dazu.