Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Was wird wohl gespielt, was verhindert?

∞  3 Januar 2013, 12:03


istockphoto.com/JayLazarin: “Goldman Sachs Headquarter, NYC


Die grösste Wirtschaftsmacht USA, was ihren Einfluss als Handelspartner und Taktgeber der Weltwirtschaft (noch) angeht, ist so was von pleite. Der Haushaltsstreit kann nicht gelöst werden, das Geschacher führt nur zu Tricks, mit denen man den Kollaps hinaus zögert. Richtig durchblicken mag da keiner. Das war wohl schon immer so, aber nun ist es offensichtlich.

Was wir Normalbürger der Welt wahrnehmen, ist nur die immer wieder offensichtlich werdende Unmöglichkeit, auf allen Seiten der Sitzungstische konstruktiv an der wirklichen Lösung eines Problems arbeiten zu wollen. Es gehört zwar zum Wesen des Kompromisses, dass der gemeinsame Nenner immer einer ist, der Abstriche von allen Seiten erfordert. Aber was ist, wenn mindestens ein Teil der Verhandlungspartner den geringst möglichen Kompromiss anstrebt, statt den maximalen, weil den eigenen Interessen unter Umständen der Status Quo noch immer mehr dient als die Kursänderung?

Es ist einigermassen verwirrend, wie schnell sich auch der Grundtenor in der Presse ändert. Erst wird uns für den Fall, dass die Fiskalklippe in den USA nicht abgewendet werden kann, die absolute Katastrophe vorausgesagt, mit Zahlungsunfähigkeit der USA und unmittelbaren Folgen für die Weltwirtschaft. Und kaum rückte die Deadline näher und zeichnete sich ab, dass substanzielle Lösungen nicht erzielt werden können, war alles nicht mehr halb so schlimm und konnte man aus Börsenkreisen hören, dass die Spieler am Markt damit ganz gelassen umgehen könnten.


Was, wenn die ständige Schlinge am Hals des Staates dem Teil der Finanzwirtschaft, welche die Zügel wirklich in der Hand hält, am meisten nützt?


Der Staat, oder was von ihm übrig ist (das soll ja nach Massgabe rechter Politik generell möglichst wenig sein), soll wohl kompromittierbar, weil vom letzten Geldnapf abhängig sein. So sehr, dass es noch nie so wichtig war, für einen Botschafter-Job der USA in den wirklcih wichtigen Ländern eigenes Vermögen mitbringen zu können, damit der Etat der täglichen Einladungen und Empfänge möglichst aus eigenem Sack beglichen werden kann. Welche Art Aussenpolitik dürfte denn da von den USA in letzter Konsequenz gemacht werden, wenn sie sich die Ausgaben rund um die Treffen mit Entscheidungsträgern von den Pirvatschatullen der Botschafter alimentieren lassen muss? Es gibt keine grössere Legitimation für einen Diplomaten, seine rein privaten Interessen mit auf seinen Botschafterposten zu nehmen, als diese Konstellation.

Diese Botschafter sind im übrigen, genau so wie immer mehr weitere Hauptspieler im Kasino der europäischen Schuldenkrise, Goldman Sachs – Männer. Normalerweise steht hier vor “Goldman” “ehemalig”. Ich denke, man kann das getrost weg lassen. Die Informationen fliessen bestimmt ungehindert und begründen alte und neue Seilschaften im immer dichter werdenden Netz.

Der US-Botschafter in Berlin, der neue Chef der englichen Zentralbank, Mario Monti in Italien und Mario Draghi in der EZB – alles Goldman-Sachs-Grössen.
Goldman Sachs hält eine Welt am Laufen, die sie selbst schaffen. Und keine andere. In dieser Welt ist nicht der Abbau der Schulden die zentrale Aufgabe, sondern die Kunst, mit Schulden Geld zu verdienen.

Und so lange sich nicht mehr Politiker mit Strahlkraft finden, die sich zutrauen, uns Bürgern die wirklich unbequemen Wahrheiten zuzumuten, und die Sorte von Opfern zu verlangen, die alle Sparer kennen (auch die vermögenden), werden bei Suppenküchen ein paar Euros abgezwackt – und Geld gedruckt. Immer mehr.