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Was Facebook Gutes bewirkt. Vor allem offline.

∞  5 Dezember 2012, 19:44

Wie Facebook-Einladungen wirklich dazu verhelfen können, Kontakte zu beleben. Ganz offline, vor allem.

istockphoto.com/koun

Durch eine Unachtsamkeit von mir hat Facebook eine Freundschaftsanfrage an alle meine Kontakte verschickt und damit eine Maschinerie losgetreten. Ich hoffe, die Anfragen, die auch noch von Facebook repetiert werden, nerven die Adressaten nicht zu sehr. Jene, die das lesen und das nicht bestätigen können, bitte ich ausdrücklich um Entschuldigung. Hier will ich aber davon erzählen, was die Krake Facebook auch Positives auslösen kann, und was so ein Hinweis, dass die Person XY mit der Person ZX “befreundet” sein möchte, auslösen kann.

Nicht wenige meiner Bekannten sind längst nicht so häufig im Internet unterwegs wie die meisten, die hier lesen. Diese Menschen gehen ganz anders mit solchen Anfrage um. Während wir eine Botschaft dieser Art vielleicht überfliegen und sie dann löschen und uns fünf Minuten später keine Gedanken mehr darüber machen, haben andere keine Ruhe, bis sie erklären können, warum sie darauf nicht geantwortet haben oder die Anfrage nicht positiv beantworten können (wollen). Das hat mich betroffen gemacht, denn diese unterschiedliche Reaktion zeigt mir auf, wie abgestumpft wir durch den Datenmüll schon geworden sind – und wie wir einen zusätzlichen Gedanken an den “Urheber” eines Versands sogleich wieder zu den Akten legen. Bei diesen anderen Menschen ist das ganz anders. Ihnen gebietet schon das Verständnis der Höflichkeit eine Nachricht. Ich habe durch diesen Facebook-Versand bisher bestimmt von einem Dutzend Menschen eine E-Mail bekommen, in dem sie “sich erklären”, ein paar Grüsse dazu flechten oder auch direkt fragen, wie es mir denn eigentlich ginge? Und ich brauche die letztere konkrete Ansprache gar nicht – diese Mails veranlassen dann auch mich, antworten zu wollen. So habe ich in den letzten vierzehn Tagen mit einer ganzen Reihe von Bekannten mich ausgetauscht – die wohl alle in 2013 von mir sonst nichts gehört hätten – und ich nicht von ihnen. Das mag zwar keine fortlaufenden Folgen haben, denn, wie gesagt, diese Leute werden auch weiter kaum auf Facebook aktiv oder auch nur zu finden sein.

Eine andere Folge hat mich erst recht überrascht. Personen aus mehr als eine Handvoll alter Geschäftskontakte haben mich kontaktiert und erklärt, warum sie persönlich nicht bei Facebook registriert sind oder dort nicht aktiv werden. Umgekehrt bin ich nun mit zwei Menschen verbunden, mit denen ich keine aktuell lebendige geschäftliche Beziehung mehr habe, und ich freue mich darüber, einen persönlicheren Eindruck von ihnen zu bekommen – auch ohne dass ich “mit ihnen zu tun” habe. Jemand hat mich aus dem Ausland angerufen, seit acht Jahren mit mir nicht mehr geschäftlich verbunden, und hat mit mir eine halbe Stunde lang über unsere Branche geplaudert. Immerhin vier Personen haben erklärt, dass in Ihrer Firma Facebook nicht benutzt werden kann – und immerhin zwei davon sind Tochtergesellschaften grosser amerikanischer Konzerne.

Und dann sind da jene Kollegen, Freunde und Partner, mit denen ich über Facebook in wenigen Wochen schon mehr Privates ausgetauscht habe als vorher in Jahren, bzw. ich über ihren Musik- oder Literaturgeschmack im Bilde bin. Obwohl das durchaus auch abseits von Social Media ein Gewinn für mich gewesen wäre, hätte ich Gespräche in welcher Form hierzu wohl nie mit ihnen geführt. Es gibt also belebte Kontakte durch Facebook, bei denen das geschäftliche Interesse der eigenen Verbreitung nur den Impuls stiftet, der dann einfach belegt, dass man sich zu sehr aus den Augen verloren hat, und es gibt jene, denen das Portal jene Umgebung liefert, in der sie etwas von sich oder ihren Überzeugungen erzählen mögen.

Es wäre schön, wir könnten nutzen, was immer wir möchten. Da wir das allerdings ganz selbstverständlich gratis tun, und es für den inneren Zweck und Sinn von Social Media gerade bei diese r Art Angebot auch keine Bezahlsperre geben sollte, muss eben umgekehrt in Kauf genommen werden, dass anderweitig Geld verdient wird. Mit uns, mit unseren Vernetzungen und privaten Informationen, die wir nicht privat halten. DAS muss die Grenze sein, die jedes dieser Systeme einzuhalten haben sollte, und darauf sollte hingewirkt werden. Unermüdlich. Es ist der gleiche Kampf, den wir längst auf vielen anderen Feldern führen. Kredit- und Kundenkarten, nur so zum Beispiel.


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