Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Was die Bienen uns flüstern, bevor sie aussterben

∞  25 Oktober 2012, 18:42

Heute beim Radiohören so richtig Lust auf Kino bekommen:
“More Than Honey” von Markus Imhof

Das Tagesgespräch auf Radio DRS 1 [1] hat mich heute gefesselt, weil ich das Thema interessant finde, und weil es Gleichnisse enthält für unser ganzes Leben und Sein auf und mit diesem Planeten namens Erde.

In Stichworten, ganz spontan, was mir durch den Kopf geht, wenn ich an dieses knapp halbstündige Interview von heute Mittag von Susanne Brunner mit Markus Imhof zurück denke:

  1. Das Bienensterben, von dem wir wohl mittlerweile alle schon gehört haben, bleibt beunruhigend und stellt ein tatsächlich sehr grosses Problem dar, und doch
  2. haben wir die allergrössten Schwierigkeiten, uns tatsächlich aus unserer Bequemlichkeit aufschrecken zu lassen.
  3. Selbst Landwirtschaftsämter konnten vor kurzem noch laut “denkend” meinen, dass “das Problem mit den Bienen” eigentlich nichts mit ihnen zu tun habe.
  4. Wir brauchen wohl das Gefühl, Tierchen mit Jöööh-Effekt bedroht zu sehen, um uns aufrütteln zu lassen, weshalb Imhof ganz bewusst mit Zeitrafferkameras gefilmt hat, um uns die Schönheit der Tiere nahe zu bringen – so viel Manipulation muss einfach sein. Fazit:
  5. Auch hier haben wir die Schönheit der Natur vor der Nase – und sehen sie nicht.
  6. Die Lokomotive, welche das Bienensterben verursacht, der Kreislauf, der unaufhörlich weiter in die Tiefe steuert, hat ihren Antriebsmotor in unserem eigenen Verhalten, wenn wir, z.B., glauben, im Winter Erdbeeren essen zu müssen.
  7. Wachstumsstreben ist ein Teil der Ursache – und bleibt unsere Antwort auf wirtschaftliche Probleme. Die Lokomotive, siehe oben, fährt also weiter.
  8. Man stelle sich vor, es gäbe bei uns bald den Beruf des Handbestäubers. In China sind sie in Pestizid-verseuchten riesigen Gegenden schon so weit. Vielleicht ist das mal ein klassischer HartzIV-Job, realistischer als die Kindertagesstätten-Betreuerausbildung, und dennoch absurd…
  9. Die wundersame Welt der Bienen und damit der Kreislauf der Natur ist faszinierend, aber beileibe nicht ohne Brutalität. In diesem Film scheint man sehr viel über
  10. Königinnen-Leben und Drohnen-Schicksale lernen zu können, und doch
  11. bleibt frappant, wie unterschiedlich unser Lebensansatz ist: Das Bienenvolk, das alles dem Überleben der Gemeinschaft unterordnet, und der Mensch, der an seine individuelle Freiheit und dessen Segen glaubt.
  12. Die oben festgestellte Grausamkeit der Mechanismen der Natur lässt erahnen, dass die Kreisläufe, die wir mit unserem Wirtschaftsstreben in den Nahrungsketten unterbunden haben, in um so weiterer aber mächtigerer Schleife wieder über uns herein brechen werden – um das zu regeln, was wir ausser Kraft gesetzt haben.

Tja, und damit nicht alle Aussagen und Erkenntnisse über uns selbst so erschreckend entmutigend wirken, schenkt das Interview auch viele faszinierende Einblicke in die Plaung, Entstehung und Vollendung des Films, Bienenflüsterer inkusive.

[1] Radio DRS 1, Tagesgespräch mit dem Regisseur Markus Imhof