Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Wann wo wie du zuerst – und warum eigentlich nicht?

∞  4 März 2011, 20:03

Ein Stück ganz persönliche Beziehungskunde. Mit dem Angebot, es auf allgemeine Anwendbarkeit und ähnliche Beobachtungen zu prüfen.


Manchmal kann man an den eigenen, sich immer wieder zeigenden Schwächen verzweifeln. Oh, ich meine damit nicht die grossen Defizite, sondern die scheinbar kleinen Dinge. Und, ganz ehrlich, verzweifeln daran kann vor allem meine Partnerin. Denn in den kleinen Dingen erlaube ich mir ihr gegenüber Nachlässigkeit. Hat sie einen Wunsch, und kommt er nicht gelegen, so finde ich viele Gründe, erst an dem weiter zu arbeiten, an dem ich gerade bin und das mir sehr wichtig erscheint. Danach habe ich dann womöglich “gerade” vergessen, was da noch war.

Verrückt daran ist, dass ich fremden Anliegen zubillige, dass die Leute enttäuscht sein könnten, wenn sie warten müssten – während ich daheim genau diese Reaktion nicht fair finde oder mich sonst irgendwie gedanklich abstrus herauswinde.

Es ist nicht immer so, aber immer wieder: Ich traue meiner Frau viel eher zu, Verständnis für eine andere Dringlichkeit zu haben, als dass ich anderen zumuten würde, zugunsten einer Hilfe für meine Frau zurückstehen zu müssen. Ich arbeite zwar daran, aber es geschieht mir immer wieder, weil sich das reflexartig vollzieht:
Es kann sehr verletzen und gefährlich für die Beziehung sein, wenn der nächste Mensch immer wieder zurückstecken muss.

Auch so ein Beispiel sind geplante eigene Unternehmungen. Mittlerweile melde ich die zwar in aller Regel an. In die Agenda gelangen sie deswegen aber nicht. Und wenn meine Vorstellungen dann noch eine Anpassung des Alltags erfordern, bin ich der letzte, der Thinkabouts Wife rechtzeitig darauf aufmerksam macht. Das besonders Ungerechte daran ist, dass sie gerne bereit ist, sich anzupassen – auch noch zu meinem Vorteil, weil ich dann genau so wie sonst – zum Beispiel – ein feines Abendessen auf den Tisch gezaubert kriege…

Warum also bin ich so unaufmerksam in den eigenen vier Wänden? Man kann wohl nicht gerade behaupten, dass ich zuhause von meinen Tugenden Ferien machen würde, aber schleifen lasse ich meine „Disziplin“ manchmal schon.

Doch ich erzähle das hier nicht, um einen persönlichen Schlüssellochblick in einen – nicht vorhandenen – Beziehungsknatsch zu gestatten, sondern weil ich denke, dass Sie, wenn Sie das lesen, durchaus Ähnliches kennen:
Natürlich ist es ein wunderbarer Teil einer bewährten Liebe, dass man einander Eigenheiten verzeihen kann. Aber das darf nie selbstverständlich werden, und es sollte mir doch am Wichtigsten sein, mich dort zu verändern, wo es meiner Nächsten zugute kommt – und damit sehr schnell auch wieder mir.

Also habe ich mir wieder mal viele Dinge vorgenommen. Die dann auf ein paar reduziert (man wird ja mit dem Alter zumindest in der Theorie klüger), und wieder mal höre ich mich sagen: Jetzt will ich doch mal sehen, ob ich das nicht besser hinkriege! Für Dich. Und mich.