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Vorschläge für Boni-Pro-Bono-Programme

∞  21 Juni 2010, 19:33

Nun hat es der Gerwerkschaftsbund also wieder mal ausgerechnet: Die Schere zwischen den höchsten und den tiefsten Löhnen ist noch weiter auseinander geklafft, am meisten öffnete sie sich zusätzlich, ausgerechnet, bei der UBS – zumindest im Vergleich jener Firmen, welche der Gewerkschaftsbund vor die eigene Lupe legte. Der Herr Dougan von der Credit Suisse soll es sogar fertig bringen, 1800mal mehr zu verdienen als der am tiefsten entlöhnte Mitarbeiter seines Unternehmens. Na, da geht es bestimmt wieder rund mit dem Wehklagen über die Ungerechtigkeit dieser Missverhältnisse. Und das völlig zurecht.
Nur wird keine Boni-Diskussion daran etwas ändern. Denn zumindest alle jene Unternehmen, welche keine Staatsgelder beansprucht haben, sind das, was der Name schon sagt: Privatunternehmen. Und sie sehen sich in einem öffentlichen Wettbewerb und richten daher Lohnkosten, Aufwände ganz allgemein und Ziel-Erträge nach den internationalen Massstäben dieses Wettbewerbs aus. Der Staat kann dafür Richtlinien erarbeiten, er kann gesetzliche Mindestanforderungen stellen und dazu Sorge tragen, dass die Steuern abgeführt werden. Was er nicht kann, ist die Lohnsumme festlegen, maximieren oder beschränken. Das wird ausserhalb einer Planwirtschaft nie funktionieren. Was es aber braucht, ist eine Sensibilisierung aller Parteien für die soziale Sprengkraft, welche in jeder Entlöhnung liegt, welche im Gefühl der Mehrheit mit Leistung nichts mehr, mit Ausbeutung aber sehr viel zu tun hat.

Es ist ja nun nicht so, dass es diese besorgten Stimmen in der Wirtschaft nicht gäbe, ja, es gibt sie sogar innerhalb der so sehr kritisierten Grossbanken und Pharmaunternehmen.
Leider beschränkt sich die politische Diskussion und Reaktion im Parlament auf die Empörung – und wirkt darin zusätzlich befeuernd statt mässigend, vor allem weil keine vernünftigen und greifenden Massnahmen zu erkennen sind.
Ich mache mal zwei – vielleicht – naive Vorschläge, wie man jene Stimmen und Strömungen innerhalb dieser Grossfirmen unterstützen könnte, welche tatsächlich selbst Gegensteuer geben möchten.

Vorschlag 1, für Pharmaunternehmen:

Vasellas zweistellige Millionenentgelte sind nicht die einzigen Pharmamanagerlöhne, welche kritisiert werden. Diese Löhne werden bezahlt, weil es heisst, die besten Köpfe unter den Managern würden die positiven Betriebsergebnisse möglich machen. Diese Ergebnisse kommen auch deswegen zu Stande, weil Forschungsgelder dort investiert werden, wo weit verbreitete Krankheiten den westlichen Lebensstandard bedrängen, weil in diesen Bereichen die höchsten Preise für Medikamente bezahlt werden. Der Forschungsstandort Schweiz, so wird argumentiert, könne nur aufrecht erhalten werden, wenn für die Medikamente diese Preise auch gerade in der Schweiz (hier extra-hoch) bezahlt würden.
Ich schlage nun vor, dass Firmen wie Roche und Novartis einen Pool für Forschungsgelder eröffnen, in den Manager Boni-Leistungen einbezahlen können, welche sie nicht beanspruchen wollen, auf völlig freiwilliger Basis, anonym oder öffentlich. Kommuniziert wird die jährlich so vorhandene Summe. Der Konzern legt von sich aus nochmals die gleiche Summe hinzu und verwaltet den Einsatz der Mittel – welcher explizit einem Forschungsgebiet zugute kommen soll, für das die kommerziellen Interessen sonst weltweit fehlen. Diese Forschungsziele könnten von einem unabhängigen Stiftungsrat mit festgelegt werden. Der Konzern übernimmt die Koordination aller vorhandenen Mittel.

Vorschlag 2, für Grossbanken:


lehnt sich an ein Modell an, das es schon gibt: Die Optimus Foundation der UBS, übrigens seinerzeit von Ospel ins Leben gerufen und vorangetrieben, ist eine Stiftung, welche Kunden offen steht, die Charity-Projekte unterstützen wollen. Die Foundation hat dafür Kriterien festgesetzt, wählt die Projekte aus, leistet Rechenschaft, übernimmt alle Verwaltungsaufgaben und sorgt dafür, dass das Kundengeld wirklich beim Projekt selbst ankommt. Ein solches Vehikel könnte nach den gleichen Massstäben wie bei Vorschlag 1 zusätzlich mit nicht bezogenen Boni-Zahlungen von Bankmitarbeitern geäufnet werden, auch hier mit entsprechender Co-Beteiligung der Banken.

Denkbar wäre für das “Boni-Pro-Bono-Programm” auch ein Zielgebiet an unterstützendem Einsatz in jenen Bereichen, in denen normale Kreditvorgaben der kommerziell ausgerichteten Bank eben keine Geldverleihung erlauben – also eine höhere Risikobereitschaft oder längere Rückzahlungszyklen für Investitionsprogramme, welche eine nachhaltige Entwicklung möglich machen, sobald vom Kreditgeber nur substanziell, aber nicht unbedingt kommerziell gedacht wird. Denkbar wären hier Modelle für Kleinkredite, die sonst für eine Grossbank uninteressant erscheinen.

Phantastereien? Ich bin nicht sicher. Schlussendlich ist sozialer Frieden nichts, was reklamiert werden kann. Es gibt ihn nur, wenn ihn alle beteiligten Seiten wollen, wenn alle etwas darin investieren und auch Vertrauen in diesen Willen “der Anderen” haben.
Ich bin überzeugt, dass es Persönlichkeiten gibt, die solche Ideen aufnehmen und ausgestalten könnten. Es wäre dann nicht mehr länger einfach nur der erhobene Zeigefinger für eine geforderte Moral in der Luft, sondern die Einladung, dieser Moral interesante Nahrung zu geben, in Form von Projekten, in welchen das gleiche Knowhhow, das sonst für die Gewinnoptimierung eingesetzt wird, einmal für Substanzerweiterungen wirksam werden kann: Ich bin überzeugt, dass es sehr viel mehr Human Power in Form von finanziellen Mitteln und möglichem Arbeitseinsatz in diesen verteufelten Grossfirmen gäbe, als sich so manche Menschen ausserhalb vorstellen können. Man muss diese Kräfte nur bündeln und ihnen eine Stossrichtung anbieten.