Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Vorsätzliche Feriengedanken

∞  4 Oktober 2010, 00:35

Da sitzen wir also im Tessin, weil wir einfach dringend Ferien brauchten. Und wie wir so zu beneiden sind, nur einfach für diese Möglichkeit, so möchte ich dieses Glück auch ganz bewusst wahr nehmen – wie ich viele Dinge viel bewusster wahrnehmen möchte. Schöne Tage sind eben nicht wie die 15. Krawatte an Weihnachten irgendwann nicht mehr interessant. Nein. Jeder Tag ist ein Wunder.

So sitzen wir also in unserem Knusperhäuschen, oder davor,




wandern durchs Tal, wobei wir uns schon mal vom Zufall leiten lassen, und haben sehr schnell das Gefühl, von allem sehr weit weg zu sein. Das ist zwar, natürlich, eine Täuschung. Oder doch nicht?
Wenn es so wenig braucht, um sich ein wenig aus seinem Alltag zu entrücken, wenn es, z.B., nur eine einzige schlechte Nachricht braucht, um alles, was uns Ordnung im Leben verspricht, in Frage zu stellen – was ist dann unsere Wirklichkeit, in der wir Tag für Tag zu sein glauben?

Darum kann es nur eines geben: Den Tag begrüssen, entdecken, die Neugier pflegen und für das scheinbar immer Gleiche stets neue Blicke haben.

Es wird heute Montag Regen geben. Also wird mein Blick mehr nach innen gehen können. Denn auch dies ist ein Platz für Neugier. Wer bin ich? Was macht mich aus? Worin und wobei bin ich ganz Mensch, fühle ich mich wohl?

Manchmal habe ich Angst vor meinen verpassten Gelegenheiten. Ich stelle es mir sehr hart vor, wenn einen Schmerzen quälen, und man sich einen Tag zurück wünscht, an dem man frei davon war. Man mag sich dann dunkel daran erinnern, dass man trotzdem Gründe fand, unzufrieden zu sein, und man schwört, dass sich das, sollte das alte Glück zurück kehren, ändern wird, weil man das Glück eben erkennen wird.

Dies mögen ein wenig naiv-kindliche Gedanken sein, aber ich sehe darin auch eine Art Demut. Das Leben ist ein Mysterium, so lange wir den Tod nicht kennen, und es ist nicht der schlechteste Weg, dieses Leben mit einfachen Schritten anzugehen. Wie ein Kind eben, das sieht, was ihm entgegen gehalten wird, und alle Aufmerksamkeit genau auf dieses eine zu richten vermag. Voller Neugier und Staunen eben.

Ich denke gerade wieder an jenes Kind, das seinen Vater lehrte, wie man eine Viertelstunde lang nur von einer Schnecke unterhalten werden kann. Der Vater beobachtete sein Kind, wie es schaute. Und voller Staunen und Wehmut erkannte er, was es alles in diesem einen Moment, in dieser Beobachtung, zu sehen und zu fühlen gäbe. Wie schade, wenn man dann sagen muss: In den nächsten Ferien aber, dann werde ich…


Unsere Entdeckung von heute: Feuerwanzen