Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Von der stillen Arbeit an Nichts bis zur grossen Reise

∞  30 August 2010, 21:42

Ich höre immer wieder, wie Kollegen über “meinen Ausstoss” staunen. Was ich alles täte, die Projekte, dich ich verfolgen würde, und wie das doch viel Zeit brauchen würde.

Darüber habe ich mich schon in Zeiten vor dem Internet gewundert, über diese Einschätzung. Denn mit all den Menschen, die auf irgend etwas warten, was ich für sie leisten sollte, mit den Projekten, die eben nicht auf meine Power zählen können, teile ich mein Gefühl, dass ich, eigentlich, viel zu wenig aus meiner Zeit machen würde. Früher fiel ich allenfalls mit meinen Fotokarten auf, heute ist es eben der Computer und das Internet. Es ist schon erstaunlich, und wer mich heute kennen lernt, dürfte es kaum glauben. Aber Herr und Frau Thinkabout waren zu Beginn absolute Computermuffel. Wir wollten das Ding nicht in der Nähe haben. Vor allem meine Frau.
Heute hat sie trocken gemeint: “Nicht einmal mehr Kopfschmerzen kriege ich.”

Tja. Der Computer ist zu einem Arbeits-, aber auch zu einem Gestaltungsmittel geworden. Ja, damit beschäftige ich mich viel und gern. Ich glaube auch, dass ich zu Zeiten, als ich in einem 100%-Job tätig war, niemals so viel gearbeitet habe wie heute. Dennoch finde ich, dass ich viel Zeit, sehr viel Zeit habe, und man kann mich denn auch tatsächlich tagsüber zu allen möglichen Zeiten bei einem Spaziergang oder bei einem Tennisspiel antreffen. Umgekehrt aber kenne ich oft keinen Feierabend im eigentlichen Sinn. Unter dem Strich steht da einfach ein Lebensentwurf, der vielleicht ein bisschen anders ist. Aber auch ich, natürlich (vielleicht sogar mehr als andere), habe meine Präferenzen, Vorlieben, bei denen mir die Dinge frei und leicht von der Hand gehen. Und womöglich liegt genau darin die Erklärung – und am stillen Ende meines Schaffens warten die anderen um so länger darauf, dass ich mich endlich bewege.

Ich glaube, dass wir Arbeit, Leistung, Ausstoss etc. sowieso viel zu oberflächlich betrachten. Wir arbeiten viel mehr als wir denken, und wenn wir denken, arbeiten wir auch. Und “es” arbeitet in uns. Immer. Wo müssen wir denn hin kommen in unserem Leben, wenn nicht zu uns? Mal abgesehen davon, dass Körper, Geist und Familie dafür auch ein Auskommen brauchen. Aber die Sorge darum gehört bei uns eben auch eingebettet in den Umgang mit seinem Selbst und den Dingen, welche mehr sind als das Brötchen auf dem Frühstücksteller. Oder scheinbar weniger.

Wir haben heute zu einander bemerkt: Komisch. Die Dinge, die uns am meisten Spass machen, bringen absolut nichts ein. Stimmt. Und so komisch ist das gar nicht. Wenn wir daran sitzen, wenn wir unsere Gestaltungskraft darauf verwenden, dann können wir sehr sicher sein, dass es sich darum um eine Herzensangelegenheit handelt.

Und darum werde ich mich in diesen Tagen immer wieder um alte Bilderschätze kümmern:
Da meine Liebste damit begonnen hat, Ihre Reise-Erfahrungen und das immense Wissen für besondere Destinationen (und die Besonderheiten, die man beachten sollte, wenn man dahin will) zu nützen und vermehrt darüber zu schreiben, gilt es immer wieder, auf der Suche nach Dokumentationsmaterial in alten Bilderarchiven zu graben. Und dann hören wir den andern wieder mal flüstern: “Mensch, war das schön! Und: weisst Du noch, was da war?”
Wir haben phantastische Dinge, Orte und Menschen erleben und kennenlernen dürfen. Heute haben wir uns ganz besonders von den sehr speziellen Erinnerungen an Varanasi neu ergreifen lassen. Und darum stelle ich hier ein paar Bilder ein, die mehr als alle Worte sagen, was ich meine. Es sind mehr Gemälde als Fotos.
Noch dies: Reisen Sie! Wenn Sie immer wieder an einen Ort denken, den Sie besuchen wollten, dann geben Sie sich einen Ruck. Es ist möglich, dass Sie nicht alles toll finden. Aber irgendwann danach werden Sie feststellen: Mensch, diese Reise hat mich weiter gebracht. Sie hat meinen Blick geweitet, mein Herz geöffnet, mich Demut gelehrt oder schlicht vorgezeigt, wie schön die Welt sein kann. Oder auch, wie traurig. Auch dies gehört zum Reisen dazu. Eine Reise ist nie Ferien machen vom Leben. Es ist Leben lernen. Und zwar per Intensivkurs.