Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Von den Goldmännern. Und allen anderen auch.

∞  15 März 2012, 16:58

Da erscheint also in der New York Times ein offener Brief eines Noch-Managers von Goldman Sachs, dem nach zwölf Jahren im Haifisch-Becken der Hals zu dick angeschwollen ist. Vielleicht ist sein Vorstoss nicht ganz so ehrenhaft und hat es dafür die Zurücksetzung auf der Karriereleiter gebraucht, vielleicht ist seine Motivation durchaus das Ergebnis eines inneren Prozesses. Auf jeden Fall rechnet da einer mit seinen Kollegen ab – und damit im Grunde auch mit sich selbst, denn immerhin war er zwölf Jahre Teil des Räderwerks:

Der Tenor ist etwa dieser: Es regiert die Gier bei Goldman Sachs. Geringschätzung gibt es für alle, die weniger smart sind, also vor allem für die dummen Kunden, denen man möglichst alles aufschwatzen sollte. Es wird kein Gedanke daran verschwendet, ein nachhaltiges Produkt und einen entsprechenden Service für den Kunden zu gestalten. Es interessiert nur der direkteste und schnellste Weg, noch mehr Geld zu machen.

Pervertiert wird dabei jeder Charakter, der sich einmal auf das Spiel eingelassen hat. Im Artikel auf SPON [via mycomfor.de] lässt sich nachlesen, wie sich die Branche das Maul zerreisst über Goldman Sachs, die also schon wieder die schlechte Presse abbekommen.

Allerdings ist dem wohl anzufügen, dass nur diese gleichen Kunden“berater” anderer Geldinstitute wohl meinen können, irgend einer ihrer Kunden würde annehmen, solche Hasardeure und Kundenverächter sässen nur bei Goldman Sachs – und zweitens ist das wohl grösste Problem das Folgende: Ich und Tausende andere lesen den Artikel, und eigentlich müsste man aufschreien und wütend werden – aber tatsächlich bleibt eigentlich nur Resignation und die Erkenntnis, dass man da eigentlich nichts liest, was man nicht schon selbst angenommen hat. Der einzige Unterschied ist, dass ein Spieler, der vor der Auswechslung steht, selbst ein wenig plaudert und ein bisschen Nabelschau betreibt. Und genau das machen wir im Grunde täglich, wenn wir Zeitung lesen: Wir lesen von uns selbst, bekommen die eigene Nabelschau vorformuliert, nehmen sie zur Kenntnis, empören uns noch nicht mal, und drehen weiter am eigenen Rad.