Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Vom Lebensnerv, wie abgründig auch immer...

∞  17 September 2009, 16:26

Seit gestern wälze ich immer mal wieder eine Nachricht im Kopf von links nach rechts:
In den USA wurde eine Hinrichtung ausgesetzt, weil der Scharfrichter, also der Arzt oder Sanitäter (?) beim Hinzurichtenden keine passende Vene für einen intravenösen Zugang finden konnte…

Nun soll die Hinrichtung eine Woche später wiederholt werden…

Jede Panne rund um Hinrichtungen macht deutlich, wie gross unser Dilemma im Umgang mit Todesstrafen ist. Wie sehr werden wir Menschen als Teil einer Gesellschaft auch zu Ungeheuern, wenn wir der Ungeheuerlichkeit schwerster Verbrechen begegnen wollen?

Was geschieht mit uns, wenn wir Rache, Vergeltung fordern? Mit welcher Grundeinstellung ist nur schon die schwere Strafe zu vertreten? Wo ist das Recht in uns, Recht zu sprechen? Und doch wünschen wir uns Sicherheit, brauchen wir sie, brauchen wir Regeln, die auch durchgesetzt werden. Fehlverhalten muss Konsequenzen haben.

Aber die Menschen, die über Leitplanken gestiegen sind, die wir selbst nie verlassen, bleiben unter uns. Hannibal Lecter, der den hollywoodmässigen, schon fast wieder schönen Schauder in uns erzeugt, bleibt an der Leinwand kleben, ist Unikat, fast eine Sensation.

Vielleicht ist ja unsere eingestandene Hilflosigkeit gegenüber real existierenden Schwerverbrechern sogar ein ehrlicher, menschlicher Ansatz:

Wir gestehen uns ein, dass wir mit ihnen nicht umgehen können. Und müssen doch Schutz anbieten für andere. Dauerhaft. Daraus entstehen unbefriedigende Lösungen, die eher Notlösungen sind. Es gibt hier eben Notsituationen, die nicht aufgelöst werden können. Aber ein Leben beenden? Den Kippschalter drehen, den Stöpsel ziehen… Kein Staat der Welt kann wohl die Autorität aufbringen, einen Menschen in dieser Funktion genau dazu wirklich zu ermächtigen.