Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Voller Sensationen fern aller Rekorde

∞  27 Mai 2011, 17:57

Die Sensation eines stimmigen Alltags, eines gewöhnlichen aber gelungenen Tages, einer stillen Verrichtung, eines Stücks Frieden. Oft werden wir glauben, wir könnten das alles nicht festhalten, es würde uns durch die Finger rinnen wie Sand. Wahrscheinlicher aber ist, dass jeder solche Tag des Friedens einen Stein auf jene Mauer häuft, hinter der wir allen Stürmen trotzen können – ohne je eine entsprechende Bestätigung “von aussen” zu benötigen.


Rekorde machen unsterblich. Der beste Tennisspieler der Geschichte. Der erfolgreichste CEO eines Unternehmens. Der Beste. Der Schönste.

Und was ist das alles wert, wenn man zurück blickt?

Was wäre, wenn der schönste Rekord darin bestünde, eine längst bekannte Pflanze ganz neu angesehen zu haben?

Es kommt mir so vor, dass wir alle nach Marken streben, nach Wegmarken, die wir einschlagen können. Etwas erreicht haben, würde dann bedeuten, nicht vergebens gelebt zu haben?

Was, wenn genau in dieser Frage der grösste und kompromissloseste Egoismus gefragt ist? Dumm nur, dass er sich im stillen Kämmerchen austoben muss, in der ruhigsten und verschwiegensten Ecke, die es überhaupt gibt, mit uns und vor uns allein: Es ist die Frage, wie ich mit mir lebe? Wie bin ich zu mir selbst? Habe ich mich gern, auch wenn niemand sonst da ist, der mir bestätigen kann, dass ich liebenswert bin? Sehe ich meine Leistung, auch wenn ich nicht gelobt werde? Und wenn ich mich mit mir im Reinen fühle – vermeide ich es, dabei selbstgerecht zu werden? Alle diese Sensorien, mit denen ich meine Umgebung auf ihre Reaktionen über mich scanne – sie hindern mich im Grunde, genau diese Fragen so zu beantworten, wie sie gelten, wenn niemand (mehr) da ist, den sie interessieren. Bin ich auch dann an meiner Haltung interessiert? Habe ich damit wirklich ein Gefühl dafür, was ich soll, was ich bin und was mir wirklich gut tut?

Es gibt so unendlich viele Wege, mir selbst zu begegnen. Niemand soll zum Autisten werden, jede Person sollte achtsam mit anderen umgehen, aber niemand hätte es nötig, auf das Urteil anderer abzustellen, wenn nach den eigenen Werten gelebt werden könnte.

Wie, wenn der eigentliche Wert eines Menschenlebens uns allen klar sein könnte, wir ihn alle kennen, weil er in uns steckt, sich zeigt, wenn wir danach fragen, wir wirklich daran denken, dass wir ein Ende haben auf dieser Erde. Was würde das für uns bedeuten, für unser Zusammenleben und unsere Welt?

Wie viel Konsens gäbe es dann, wieviel Selbstverständlichkeit darin, dass ein jeder die Aufgaben übernimmt, für die er geschaffen und geeignet ist – weil eine jede Arbeit gleich viel zählt, die gleiche Achtung bekommt, einfach ihren Wert hat, als kleiner oder grosser Baustein.

Träumen ist erlaubt. Ja. Aber ein Stück dieses Traums wahr werden zu lassen, haben wir selbst in unserer Hand: Wir können uns jeden Tag neu bewusst machen, wie viel im Grunde die Alltäglichkeit in unserem Wohlbefinden ausmacht. Es sind die kleinen gewöhnlichen Dinge, welche ihren stillen Segen entfalten, wenn sie eingebettet sind in unseren zufriedenen Blick auf unsere kleine Welt.