Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Väter und ihre Söhne, gestern und heute

∞  16 Juni 2011, 06:33

Väter waren mal Söhne. Das gilt immer. Die Wandlungen in diesen Rollen waren wohl immer schon umwälzend – aber sie dürften sich nie so schnell entwickelt haben wie in der letzten Generation – oder ist das am Ende alles nur eine Beschönigung, ein naiver Wunsch?


Wie sehr oder wie wenig sich die Elternrollen verändert haben, mag man und muss man wohl noch lange und immer wieder – und vielleicht auch ehrlicher – weiter diskutieren. Noch immer prallen Männer wie Frauen auf grosse äussere Widerstände und innere anerzogene Pflichtbilder, wenn sie alternative, wirklich teilende und gemeinschaftlich wahrgenommene Aufgaben und Freuden als Vater und Mutter (er-)leben wollen.

Wie viel sich dennoch in den Köpfen innert relativ kurzer Zeit verändert hat, und wie sich das auf die äusseren Umstände auswirkt, machen die Schlussbemerkungen eines Gesprächs zwischen Vater und Grossvater klar, in denen beide ihre Möglichkeiten der Anteilnahme bei der Geburt beschreiben:

Der Grossvater: Als Cord [der Sohn, Th.] geboren wurde, durften Väter die Kinder zum Beispiel nur durch eine Glasscheibe sehen. Es hiess, wenn die Väter den Kindern nach der Geburt zu nahe kommen, bekämen die einen Infekt. Ich erinnere mich noch, wie ich mit einem Bekannten vor dieser Glasscheibe stand und wir unsere Söhne anguckten.

Cord: Bei mir war das dagegen richtig toll, weil es eine Zwillingsgeburt war. Mein Sohn wurde zuerst geboren, ich bekam ihn auf den Bauch, und wir haben gemeinsam auf seine Schwester gewartet.


Das ganze Interview finden Sie auf zeit.de


Was mich im Übrigen beim Lesen dieses Interviews manchmal richtig schmerzt, sind die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Vater und Sohn, wenn sie von bestimmten Situationen im Aufwachsen des Sohnes reden: Sohn und Vater haben zum Teil eine sehr stark auseinander driftende Beurteilung der jeweiligen Situation. Es ist das, was wohl jeder Eltern-Kind-Beziehung blüht, wenn der Nachwuchs selbst in die Elternrolle hinein wächst (spätestens dann…) – und daran lässt sich auch erkennen, wie man sich die eigene Verantwortung wohl immer wieder zurecht legt, um sich dann in deren Wahrnehmung gut fühlen zu können…

Gleichzeitig ist es ungerecht bzw. nicht angebracht, mit dem Mahnfinger auf solche Lebensgeschichten zu zeigen – denn man ist immer auch ein Kind der Generation und ein Mitglied einer Gesellschaft, und wenn man eines sagen kann, dann bestimmt dies: Dass wir heute ganz bestimmt nicht weniger danach trachten, einem vermuteten oder wirklich wahr genommenen Trend und einer gesellschaftlichen Bewertung zu entsprechen.

Was uns dabei aber immer bleiben wird ist die Trauer über verpasste Chancen des Miteinanders. Wir haben direkt um uns eine ganze Menge an Menschlichkeit und Beziehungschancen, die wir nicht wirklich wahrnehmen. Das Zählbare hat in der Aktualität allzu oft mehr Stellenwert als das Fühlbare… Dabei ist zumindest eines leichter als jemals zuvor:

Der eigene Weg, die individuelle Lösung.

Nur braucht es dafür wirklich die Kraft einer entsprechend ausgerichteten Familien-AG. Die Bekenntnisse der Gesellschaft zu diesem Thema sind noch immer allzu oft Absichtskundgebungen ohne Realwert.