Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Unsere Geschichte und wir

∞  25 Dezember 2011, 17:00

Vom Spaziergang am Weihnachtstag.


Der Spaziergang am Weihnachtstag hat Tradition. Wir essen zwar seit langem auch in diesen Tagen durchaus vernünftig, weil nun mal die tierischen Fette bei Vegetariern nicht auf die Verdauung drücken können, dennoch brauchen wir Bewegung – und freie Zeit ist auch vorhanden. Also raus, zumal die Sonne auch noch lockt. Ich geniesse diesen traditionellsten Spaziergang des Jahres sehr, weil wir dabei an der Seite des Partners noch mehr als sonst über die verschiedensten Beobachtungen aus unserem Alltag nachdenken und sprechen können. Wir erzählen von den eigenen Erfahrungen, vom Erleben als Kind, und mir wird dabei immer wieder bewusst, wie sehr wir doch von diesen Jahren geprägt bleiben.

Unser ganzes Rüstzeug, das wir für unsere Entscheidungen abrufen können, für die Beurteilung von Gut und Schlecht, für den Umgang mit Menschen, also mit sich selbst, ist geprägt von unserem früheren Erleben. Und dort, wo unser Verhalten nicht bestimmt ist von der Erziehung, ist sie es von unserer Reaktion auf Erziehung… Oder…?

Für mich ist diese Frage immer wieder faszinierend: Wie sehr bin ich das Produkt der Einflüsse meiner Eltern, Lehrer, Kameraden in der Kindheit? Und was an tiefer Liegendem bringen wir in diese Welt mit, in die wir hinein wachsen und der wir manchmal doch auch ein entschiedenes Contra entgegen setzen, von dem wir gar nicht so genau wissen, woher es kommt?

Warum bin ich so “anders” oder so “ähnlich” wie meine Geschwister? Welchen Einfluss haben Menschen, die ich in meiner Entwicklung früh kennen lerne? Wie leicht oder unmöglich nehme ich andere Vorbilder von aussen an, statt mich auf die bisher bekannte Welt zu verlassen? Wo haben meine Wertesysteme funktioniert, habe ich selbst Grenzen gesetzt, woher kommen eigentlich die Dinge, die ich “weiss”?

Es ist für mich immer wieder eine Art Andacht, wenn mir jemand aus seinen Erinnerungen erzählt. Dann breitet sich eine Geschichte aus, bei der sich nie die Frage nach ihrer Wahrheit stellt: Sie ist einfach. Sie hat ihre Realität in der Gegenwart, weil wir uns ganz offensichtlich an unserer Geschichte orientieren. Und wenn wir bedenken, welche leisen aber doch hartnäckigen, unauslöschbaren Erinnerungen wir an kleine Begebenheiten haben, und an die Menschen, die sie mit begründeten, dann lässt einen das behutsam werden und die Hand, welche die eigene hält, sanft drücken.