Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Text und Wirklichkeit. In grossen kleinen Gedanken.

∞  29 Januar 2013, 21:33

istockphoto.com/
Natasha-R-Graham:
“Mother Nature”


Was drängt uns zu schreiben? Wollen wir etwas nicht
vergessen gehen lassen? Versuchen wir, unsere Gedanken einzufangen, notfalls ungebändigt fest zu schreiben, was uns wichtig ist, gerade jetzt?

Was von unseren Gedanken kann sich halten, überlebt Wochen, Monate oder Jahre? Was ist mit dem grossen Gefühl, in dem wir uns heiss liebend verloren, oder dem idealistischen Kampf, den wir in der Jugend enthusiastisch führten für ein besseres Ganzes? Wir dachten uns die Welt gross, als unsere Erfahrung noch gering war.

Wie anders wurden früher doch Bücher geschrieben. Wie viel Mut hatten Autoren zu grossen Gefühlen. Sie liessen ihre Protagonisten den idealistischen Lebensentwurf wagen, beschrieben Gestaltung statt Abbruch. In alten Büchern lesen, heisst entdecken, was verloren gegangen ist. Auch an Sprache. Die Empathie der Liebenden, die Euphorie der Schaffenden – alles wirkt oft wie das Angebot an den Leser, eine aus verlorener Zeit stammende Ahnung zu erinnern um im besten Fall die Geschichte nicht als Märchen abzutun, sondern das Buch mit dem Gefühl eines Verlustes weg zu legen. Es scheint, dass sich der positive Gedanke in Texten länger hält als in der gelebten Wirklichkeit, in der alles der Reibung und Enttäuschung ausgesetzt wird, auf dass man sich wappne vor dem nächsten Niederschlag.

Heute scheint keine Rede mehr die Kraft zu haben, uns zu bewegen. Wir lassen uns schubsen, anstossen, manchmal auch anrühren – aber wohin sollten wir aufbrechen? Es ist so schwer, aus der relativen Sorglosigkeit heraus, die alles einschläfert und unsere gedachten “man-muss-Sätzen” zu ausgesprochenen “man-sollte-Phrasen” werden lässt, mehr zu leisten als den Beitrag eines flüchtigen Gedankens.
Denn: “Wer weiss schon, wie es wird? Wahrscheinlich kommt eh wieder alles ganz anders.”

Dabei entsinnen wir uns doch fühl- und sichtbar fortlaufend in die gleiche Richtung…

Ich habe heute einen lieben Freund getroffen. Sport, Mittagessen, Gespräche.
Unaufgefordertes echtes Erzählen und Austauschen von Lebensanschauungen, Sinnstiftung, von der Herausforderung, seine Zeit zu haben und sie zu behalten. Und dann erzählt mir also ein Mensch, der auch in der oberflächlichsten aller Welten als erfolgreicher Geschäftsmann angesehen würde, dass er an eine gutmeinende höhere Kraft glaubt. Er sagt: “Wer kann behaupten, dass es keine Feen gibt? Keine guten Geister? Wir wissen so wenig.”

Dieser Mut zu einem kindlichen Blick auf die Welt, den ich durchaus teile, dieses Vertrauen, dass im Krisenfall immer wieder ein Weg weiter führt – es schenkt manchmal Leichtigkeit, die andere vielleicht Einfalt nennen würden. Ich bin lieber auf dieser Seite, auf der man an Fügung glaubt, ohne sie einzufordern, an eine Art gottväterlichen Beistand, der uns immer wieder den Mut schenkt, Liebe zu wagen und nicht wirklich brüskiert zu sein, wenn wohlmeinende Handlungen zurück gewiesen werden. Das Grosse lebendig werden lassen heisst manchmal, im Kleinen aufmerksam bleiben zu können und darauf zu vertrauen, dass all dies, das wir nicht erkennen und für das uns die Sprache fehlt, von Feen erledigt wird. Es wäre ja für eine Fee mehr als frustrierend, machte ich sie arbeitslos: Was auch immer ich wohlmeinend beginne, nicht zu Ende bringe oder in den Sand setze – wer weiss schon, ob es nicht woanders aufgenommen wird? Und wer dabei lächelnd heimlich mitwirken mag…?