Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Tag Nr. 27, aber einmalig

∞  24 August 2013, 11:00

Eigentlich müsste ich jetzt auf dem Tennisplatz stehen und mich abreagieren. Das ist aber um zwei Uhr morgens schwierig. Also behelfe ich mir anders: Was war das für ein Tag? Ein besonderer. In mancherlei Beziehung. Und er soll es in positiver Art auch in meiner Erinnerung bleiben. Und das packe ich nun an.

Dafür ist es gut, sich mal zuerst die Sachen aufzulisten, die heute absolut NICHT funktioniert haben.
Begonnen hat es spätmorgens. Zu spät morgens. Wir lassen uns von meinem Handy wecken, doch das hat heute versagt, weil es im Schlafmodus genau den Teil Strom noch verbrauchte, der ihm am Morgen fehlte: Keine Kraft mehr zum Piepsen, das arme.
Also erblicken wir Madeiras Sonne an diesem Tag zu einer Zeit, zu der andere ins Restaurant zum Mittagessen aufbrechen. Und am Abend will ich einem Freund einen MobileHotspot mit portugiesischer PrePaid-Simcard fürs mobile surfen mit seinem Netzfuhrpark einrichten – gerade so, wie ich das gestern für mich selbst getan habe, mit meinem eigenen baugleichen Teil, das ich in der Schweiz schon so weit wie möglich fit gemacht hatte, um ihm dann “einfach” noch die örtliche Prepaid-SimCard aufzupfropfen.

Und jetzt kommt’s: Alles funktioniert bestens, geht Schritt für Schritt vorwärts, auch wenn die lange Anlaufzeit die Uhren schon gegen Mitternacht vorrücken lässt – Hotspot-Gerät erkannt, Sim-Card akzeptiert, Verbindung hergestellt. Fehlt noch, zum finalen Abschluss, die Anmeldung auf der Seite des Mobilfunk-Unternehmens. Und dann dies:
Eine SMS-Bestätigung zur Validierung der SimCard lässt sich nicht lesen, da die Karte ja nur zum Surfen bestimmt ist. Das war bei mir gestern zwar auch so, also überspringen und stattdessen direkt registrieren. Ich gebe wie verlangt als Passwort alphanumerische Zeichen ein, in allen erdenklichen Varianten – aber das Passwort wird nicht gefressen. Es heisst immer gleich frech, es wäre ungültig. Nach einer gefühlten Ewigkeit gebe ich auf. Eine Stunde Arbeit für nichts (oder war es mehr oder weniger?) und morgen der Gang zurück in den Shop… Mit der Kiste unter dem Arm und Bitte um Nachhilfeunterricht…

Jetzt kann man mich natürlich fragen, warum das in den Ferien für mich Bedeutung hat? Nun, hat es, und ich habe auch für meinen Freund JA dazu gesagt, zumal mir selbst für meine Wünsche die Internet-Anbindung hier auch wichtig ist. Also nächste Frage: War der Tag nun wirklich so beschissen und ist die Aussicht auf morgen trübe? Klare Antwort: Nein.

Und zwar darum:

Der Tag war auch noch unser Hochzeitstag Nr. 27. Und ich denke grinsend, wie er schon begonnen hat, lange bevor wir zu Bett gegangen sind: Lokalzeit kurz nach Mitternacht, wir stehen in der Nähe eines Piers inmitten von in vergilbtem Ehemalsweiss gestrichenen blinden Betonhäuserwänden, und ich nehme meine Liebste in den Arm und schenke ihr einen dicken Kuss: Alles Gute zum Hochzeitstag, inmitten dieser absolut charmlosen, vom Latrinenduft einer lecken Kanalisation geschwängerten Luft, und es passt und wir grinsen uns an: Weil der Wunsch der Dank an eine Frau ist, die mit mir wirklich durch Dick und Dünn gegangen ist. Und geht. Mit ihr ist nicht alles leicht, aber ohne sie ist Vieles unvorstellbar. Ich weiss, dass es ginge. Es geht alles. Aber viel, viel schwerer. Und das ist nicht nötig, und darum muss so ein Tag gefeiert werden, wenn er kommt, egal wo. Punkt.

Dann also unser Verschlafen. ABER: Meine Liebste zeigt keinen Ärger, wir lassen uns Zeit, in die Gänge zu kommen und finden uns dann zielstrebig, aber nicht hetzend und absolut nicht hässig bereit, den Tag unter die Füsse zu nehmen: Auto abholen. Die Miete läuft seit Mittag, aber das ist ja egal und das Wägelchen läuft ja ohne uns nirgends hin. Wir schlendern den Weg gemütlich dahin, machen aus einer halben Stunde eine ganze und erstehen shoppend zwei Paar flache Schuhe für die Dame und eine sehr praktische kleine Umhängetasche für den Herrn.

Die Autoübernahme ist dann überhaupt kein Problem, und der Golf Diesel ziemlich neu und eine schöne Überraschung. Das Wägelchen ist schick aber für mich noch ein bisschen neu, und so baue ich auf den ersten 500 Metern einen dicken Hund, der aber nicht überfahren wird, sprich: Ich biege falsch ab, stosse aber mit niemandem zusammen. Und: Keiner schimpft. Fällt überhaupt auf hier: Die Portugiesen scheinen ihr Temperament nicht mit ins Auto zu nehmen. Und Fussgängerstreifen sind absolute Fussgängerschutzzonen. Das Wägelchen ist also top, und ich hoffe, wir werden kein technisches Problem haben, denn die Bedienungsanleitung fehlt und ins Internet könnte ich dann, wie Sie ja nun schon wissen, nur erschwert, um es mir runter zu laden..

Tja, und dann, zuhause, gab es einen Kaffeeschwatz mit einem netten anschliessenden Aufenthalt auf dem kleinen Balkon unseres Apartements – und dann ein Abendessen beim Inder. Den haben wir im Inernet schon vor der Reise entdeckt und uns empfehlen lassen – und das Essen ist dann auch – samt der netten Bedienung – eine Bombe. Ich war und bin begeistert, und der Spaziergang durch die Nacht zurück war erneut sehr abwechslungsreich und roch auf Schritt und Tritt nach Ferien: Selbst wenn das eine Hauptstrasse war, an der wir uns orientierten, so war das Flanieren absolut relaxt, umgeben von Menschen im Slow-Modus, wohin man blickt. Und die Restaurants sind gut bis sehr gut gefüllt, die Aussicht von manchem Spot aus ist ganz wunderbar – und wir sitzen auch jetzt noch, um halb drei Uhr morgens, auf dem Balkon (mein Lebensrhythmus ist auch hier sehr eigen gebleiben).
So, Freunde, und nachdem ich das alles geschrieben habe, ist auch kein Sport zum Abreagieren mehr nötig. Der Tag war ein Guter. Und ärgern muss mich eigentlich am Ganzen nur, dass ich zwar nun dieses Internet habe, der Kollege aber nicht. Dafür kann ich zwar nichts, war auch besser vorbereitet, aber ärgern tue ich mich trotzdem, weil ich niemanden hängen lassen will. Nun denn, ich muss und darf auch schauen, dass ich meinen eigenen Betriebsmodus runter fahren kann, und da bin ich mitten drauf auf dem guten Weg: Denn blogggen, um ein anderes Thema dieser Tage aufzugreifen, ist absolut ferientauglich.

Es ist nun 2h33 in der Früh, Lokalzeit, in der Schweiz 3h33, und ich warte mal mit dem Onlinetermin für diese Zeilen bis elf Uhr morgens Schweizer Zeit. Ist ja möglich, dass wir am Morgen, viel zu früh wach, feststellen, dass die Toilette übergelaufen ist und sich die Tür des Apartements nicht mehr öffnen lässt. DANN müsste ich meinen Willen zum positiven Denken doch nochmals überdenken…