Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Swiss Banking wird top bleiben

∞  5 Februar 2010, 22:03

Kein Thema, dass in sich die Sprengkraft besitzt, die Öffentlichkeit, und damit uns alle, zu beschäftigen, kann noch wirklich sachlich diskutiert und gelöst werden – zu offensichtlich ist die Verlockung, allenthalben aus den verschiedensten persönlichen Motivationen seinen Senf dazu zu geben. Ich tue es ja auch. Etwas Irritierend ist es allerdings schon, dass jene Protagonisten, welche tatsächlich mit der Krise des Schweizer Bankwesens umzugehen haben werden, alles mögliche von sich geben, ganz sicher aber nichts wirklich Konstruktives. Ich meine damit in erster Linie unser Parlament, aus dem sich verschiedenste Personen mit der Klage zu Wort melden, der Bundesrat würde nicht führen. Nun, der Bundesrat spiegelt schlicht die Befindlichkeit der Bevölkerung wider, denn in der Tat ist guter Rat sehr teuer geworden, und es ist nun mal nicht besonders attraktiv, dem Wahlvolk Krebsgänge verkaufen zu müssen. Wenn das Parlament nun vom Bundesrat klare Positionen und standhafte Verhandlung verlangt, wie es die SVP so martialisch fordert, dass ich versucht bin, mein nächstes Pyjama im Vierfrucht-Design zu erstehen (notfalls besuche ich einen Batik-Kurs im Fan-Club von Silvia Blocher), so lenkt es von der Tatsache ab, dass der Bundesrat als Exekutive nur der verlängerte Arm des Parlaments ist: Und aus dieser Runde kommt herzlich wenig. Wir brauchen wohl einfach alle mehr Zeit. Vielleicht kriegen wir sie ja.

Die Chance ist auf jeden Fall da, dass jenseits allen Gebrülls sich eine Tatsache manifestieren und vielleicht eines Tages als Fakt anerkannt wird, die heute schon an der Basis der Schweizer Finanzindustrie steht:

Das Scheizer Bankgeheimnis, die Schweizer Unterscheidung von Steuerhinterziehung und -Betrug und andere Besonderheiten und Facetten, welche so ins Zentrum des Erfolgs der Schweizer Vermögensverwaltung gestellt werden – sie mögen gegenüber dem Ausland revidiert werden müssen oder ganz fallen. Sei’s drum. Ich bin überzeugt, dass dies die Reputation des Swiss Banking bei den Kunden nicht erschüttern wird:

Vielleicht ist es geradezu an der Zeit, dass sich auf diesem Weg endlich einmal zeigen lässt, dass die erfolgreiche Vermögensverwaltung doch viel mehr mit der Art von Vertrauen zu tun hat, auf Grund dessen ein Kunde mit Geld Anlageentscheide fällt. Und allen Unkenrufen und Beispielen der Schindluderei zum Trotz ist es doch tatsächlich immer noch so und wird noch lange so bleiben, dass der Ruf der Schweizer Wertarbeit in diesem Geschäft ein ausgezeichneter ist. Die politische Diskussion ist das eine, die Reflexe darauf im Inland noch etwas anderes, der Branche aber wird der Wettbewerb nichts anhaben können – es ist sogar möglich, dass das weg fallende Vorurteil, Swiss Banking würde in erster Linie wegen der “Kultur” der Verschwiegenheit des Verschwörers in der Person des Bankberaters funktionieren, so manche Berufsperson noch mehr motivieren könnte, der Welt zu zeigen, wo der (ersparte und versteuerte) Hammer am besten und sichersten hängt (oder eben hängen bleibt).

Hierzu hat NZZ Online heute einen höchst interessanten Artikel veröffentlicht:
Viele Deutsche plagt das schlechte Gewissen

Was wir Schweizer uns im Zuge dieser Affären auf keinen Fall aufzwingen lassen sollten, sind Reflex-Handlungen, die über unser eigenes Bürger- und Staatsverständnis hinaus gehen: Wir kennen und praktiziern bei der Steuererklärung das System der Selbstdeklaration. Traut uns der Staat dies zu, gehört zu diesem System das Grundvertrauen der Behörden gegenüber dem Bürger, und daraus folgen Besonderheiten wie das Bankgeheimnis und die nur schienbar spitzfindige Unterscheidung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug. Wir haben eine komplett andere Steuerkultur als unsere Lieblingsvergleichsnachbarn in Deutschland, und ich bin nicht so sicher, ob die Politiker, welche die Aufweichung bis Aufhebung aller dieser Besonderheiten nun eilfertigst in Betracht ziehen, hier das eigene Stimmvolk diesmal richtig einschätzen – sollte die Debatte darüber erst einmal fern der Schreckgespenste aus dem Ausland ins Rollen kommen.

Wir haben allen Grund, uns unsere innere Kultur und den daraus erwirtschafteten und erschufteten Wohlstand nicht komplett madig machen zu lassen, nur weil es so bequem scheint, diese Ergebnisse den aktuell diskutierten Unstimmigkeiten im internationalen Verkehr zuzuschreiben. Vielleicht ist es, ich wiederhole mich, an der Zeit, dass wir uns selbst beweisen, dass wir mehr als fit genug sind, diese Herausforderungen zu meistern – denn gleich lange Spiesse reichen ganz bestimmt aus, um unseren hohen Level erfolgreich in jedem Vergleich zu beweisen.