Stadtkenntnisse
Wie lernt man eine Stadt kennen?
Was bedeutet das? Ich persönlich lerne immer meine Stadt kennen. So, wie man immer sein eigenes Buch liest, die eigene Geschichte, so sieht wohl jeder “die Stadt” als die seine. Sie bleibt ihm fremd oder wird ihm scheinbar vertraut. Immer aber ist es nur eine Art Momentaufnahme, ein Foto, das sogleich Sepiatönung anzunehmen beginnt, so bald man den Blick weiter schweifen lässt.
Ich kann mir Orte, Namen und Geographien sehr schlecht merken. Aber ich erinnere Gerüche (in Berlin oft ein Ärgernis, da die Kanalisation an mancher Ecke ihrem Alter Tribut zu zollen scheint), Stimmungen, Licht und damit Grautöne oder Farben, und ich denke mir Geschichten zu den Menschen, die ich auf den Strassen kreuze.
Nichts aber ist so schön wie eine Stille-Oase mitten in einer Stadt, an die man zufällig gerät und die man entdecken kann, indem man das Wandern für ein paar Momente ruhen lässt. Ein Friedhof, eine Schrebergartensiedlung, ein Innenhof, eine Café-Ecke, an der ein einzelnes davon gleitendes Taxi allen Lärm mit sich fort zu tragen scheint.
Was ich sehr gerne mache, noch viel lieber häufiger machen würde: Eine U-Bahnlinie abfahren, Station für Station, und an jedem Haltepunkt auftauchen aus dem Untergrund, den Schritt geradeaus lenken und mit Füssen ohne Ziel den Augen Raum geben, dass sie entdecken mögen, was das Leben an diesem scheinbar zufälligen Ort ganz zielgerichtet mir zu erzählen hat. Und das nehme ich dann mit mir mit, packe es in die Tasche meiner Erinnerungen und Zukunftsgedanken, um wieder in den Untergrund zu tauchen und weiter zu gleiten auf den Schienen, die nur einen Weg kennen.
Lerne ich eine Stadt wirklich je kennen? Ich weiss es nicht. Aber es gibt Städte und Orte, an denen ich es gut mit mir selbst aushalte.
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