Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Spielfreude fürs Leben

∞  25 Mai 2010, 23:23

Nachdem ich mit dem Fussball als älterer Junior aufgehört hatte, suchte ich mir mit der Zeit einen neuen, etwas weniger (noch weniger) ernsthaft betriebenen (Freizeit-)Sport. Gelandet bin ich, dank dem Enthusiasmus und der Spielfreude eines Mannes im Quartier, beim Tischtennis. Wir spielten erst wie angefressen in der örtlichen Badi, also im Strandbad, wie bei uns die Badeanstalten am Zürichsee heissen – und irgendwann war es so weit und ich war plötzlich Mitglied im örtlichen Tischtennisclub. Ich habe das Spiel der schnellen Reaktionen an der Platte sehr schnell sehr gern bekommen, und es hat gar nicht so viel gebraucht, um die hämischen Ping-Pong-Kommentare der nichtsahnenden Kollegen mit eienr kleinen Demonstration zum Verstummen zu bringen. Guter Kollege schmettert den Ball auf die Platte, und Du stehst vier Meter dahinter und bringst den Ball immer wieder zurück. Wenn man gut eingespielt ist, funktioniert das auch für minder talentierte oder trainierte Spieler ganz gut – aber ohne Ballgefühl geht da nix.

Kurz: Ich habe das Spielen genossen – und auch gerne Matches gespielt. Nur: Tischtennis ist ein Psychosport par excellence – und wenn man sich zwei Minuten aus der Ruhe bringen lässt, ist ein ganzer Satz weg. Und schnell auch das Spiel. In meiner vielleicht dritten Saison stand ich dann in der Meisterschaft nach einander ein paar Psychopathen gegenüber, welche die goldenen Ananas, die es zu gewinnen gab, mit dem Weltmeisterpokal zu verwechseln schienen und mit allen Tricks zu arbeiten bereit waren. Noch mühsamer war es, solche Spezies auch in den eigenen Reihen auszumachen, vornehmlich unter den älteren Semestern, so dass ich sehr schnell fand, dass man bei diesem Sport offensichtlich sehr schnell sehr alt aussehen kann, ohne es zu merken. Also nix da, Austritt, und dann war eine Weile nichts mehr mit regelmässigem Sport. Tennis lernte ich ein wenig, als ich zu studieren begann, in den Ferien im Tessin einen Platz vorfand und zu Hause in der Nähe auch, der privat nicht länger gebraucht wurde und vor sich hin rottete. Dagegen spielte ich an, wenn sich mal die Gelegenheit ergab, mit Holzrahmen-Rackets mit dieser tonnenschweren Spannvorrichtung aus schwerem Eisen. Aber ich konnte mir das alles borgen und spielte in einer Zeit, in der Tennis erst langsam nicht mehr elitär verstanden wurde, jahrelang immer mal wieder, Ausgabe total in den ersten Jahren CHF 6.95. Für ein paar Tennissocken…

Der Sport ist mir treu geblieben, und seit Beginn der 90er Jahre spiele ich regelmässig. Wenn man einen Sport nach zwanzig lernt, so, wie man ihn sich eben im Fernsehen abschaut, und wenn man dann erst ein paar Tennisstunden nimmt, wenn nach Jahren der Aufschlag noch immer nicht funktioniert und einen die Ahnung überfällt, es könnte vielleicht Zeit sein, ein paar motorische Probleme nicht definitiv als Fehlsteuerung der Bewegungsabläufe in der Hirnrinde abzulegen, ja dann lernt man das Spiel nicht mehr so richtig. Aber lieben kann man es sehr wohl.

Auch Tennis kann Psychotiker anziehen, man denke nur an die abenteuerliche Zählweise, die es in sich hat, denn in keinem anderen Sport kann man wohl ein Spiel gewinnen und dabei unter Umständen viele Punkte weniger machen als der Gegner… Das lädt geradezu zu neuen Psychospielen ein, und das ist auch ein bisschen naheliegend, wenn man bedenkt, welche Dinge alle schief gehen können beim Versuch, den Ball übers Netz und auch noch ins Feld und am Gegner vorbei zu spielen…

Nun, wie gesagt, Weltmeister werde ich auch hier nicht mehr, auch nicht mal bei den Veteranen oder, wenn ich die nächsten 52 Jahre täglich trainiere, bei den 100plus-Turnieren, die es dann bestimmt gibt. Aber was ich wöchentlich in unserem kleinen Kreis erlebe, ist: Lebensfreude. Da spielt jeder aus Lust an der Bewegung und steckt den anderen damit an. Auf dem Platz will man gewinnen. Falsch: Man möchte gern gewinnen. Aber wenn es nicht klappt, schmeckt das Bier danach genau so gut. Der erste Schluck danach ist übrigens so oder so einfach von Göttern erfunden.

Es ist also eine reine Freude. Und ich wünsche mir sehr, dass alle im Kreis noch lange dabei sind. Und jene, die im Moment kürzer treten, nicht locker lassen und bald auch wieder mit tun dürfen. Allen aber gehört immer wieder ein Blitz im Auge des Gegenübers, ein Lachen, ein Witz, eine Aufmunterung, und eine Lektion in Lebenskust: Geniesse den Augenblick.