Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Spaziergang in des Menschen Wohnung

∞  4 März 2007, 11:09

Ich weiss nicht, wann ich zum letzten Mal frühmorgens spazieren war. Eigentlich ist das kein Spazieren. Es ist ein Gehen. Eine Art Einkehr. Unglaublich, dieses Stimmengewirr der Vögel im Wald. Selbst die streunenden Hunde können mich nicht ärgern, zumal das Frauchen nicht weit ist (aber viel zu weit, um die Viecher im Griff haben zu können).

Ich gehe also an diesem heutigen Morgen mit mir spazieren. Es zieht mich auf den Saumpfad, ein bisschen weg von den Menschen. Die Waldschneisen, die zwischen den Wegen unberührt geblieben sind, mögen zwar schmal sein. Aber nur schon ein paar Schritte auf den Naturwegen reichen aus, um Abstand zu gewinnen. Der Blick richtet sich auf das verrottende Laub, das den ganzen Wald wie einen Teppich belegt. Auf dem Weg modert die Feuchtigkeit. Die Sonne flutet über die vom Sturm ausgebrochenen Wurzelstämme. Verwesung umgibt mich genau so wie der Trieb neuen Lebens. Ganze Spaliere von Jungbäumen dehnen sich aus. Jeder von ihnen hat den schützenden, langsam verrottenden Kork-Mantel aufgebrochen, der ihn ursprünglich vor Rehverbiss und ähnlichem hat schützen wollen. Neue Stärke wächst um mich – so die Natur die Gnade hat, mit dem nächsten harten Sturm noch ein paar Jahre zu warten… Und überall ist der Mensch nicht weit, viel zu nah, der Ursache so mancher Zerstörung ist und Helfer der Aufzucht sein will…

Im ganzen Waldabschnitt kann ich keine zweihundert Meter gehen, ohne ein Plastikband zwischen den Bäumen leuchten zu sehen. Die Menschen, die mir begegnen, sagen kaum guten Tag. Die Baustelle im Quartier, an der ich am Ende neugierig vorbei gehe, ist riesig. Selbst an diesem Ruhetag ist zu spüren, wie viel Schaffenskraft und Fachwissen im Team hier Woche für Woche in einander greift, und was der Mensch daraus erschafft. Er vermag Beton in die Erde zu bohren und in den Himmel zu türmen. Aber berührt er dabei den Grund und die Wolken jemals wirklich?

Was bedeutet es, auf der Erde zu wohnen?