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Sonntag: Auch Printmedien machen auf Quote

∞  30 März 2008, 11:24

Eine Zeitung soll informieren und will das hoffentlich auch. Dafür recherchiert sie Fakten oder wägt Agenturmeldungen und andere Informationen ab, wertet aus. Die Zeitung will auch überzeugen, vertritt in der Regel ein redaktionell festgelegtes Gedankengut, das nicht zu eng gefasst sein sollte aber auch nicht Beliebigkeit erlaubt, will man nicht Gefahr laufen, ungreifbar und konturlos zu werden.

Die Medienlandschaft steckt derweil in einem starken Wandel, und gerade die Zeitungen sind mittlerweile in einen fiebrigen Kampf um Marktanteile getreten, sowohl, was ihre Printausgabe als auch ihren Web-Auftritt betrifft. Da nähert man sich dann schon mal der Kultur des Privatfernsehens an und beurteilt die Machbarkeit und den Aufmacher eines Artikels plötzlich nur noch nach der möglichen Resonanz, den er erzielen kann.
Nur so mag ich deuten, was ich heute als Titelgeschichte in „SONNTAG“ vorgesetzt bekomme:

Rekordlohn: 1,3 Millionen für SBB-Chef Andreas Meyer


Der Artikel erscheint einen Tag, bevor das Ultimatum der SBB an die streikenden Arbeiter eines SBB-Werks im Tessin abläuft. Der Cargo-Betriebszweig der SBB schreibt seit Jahren tief rote Zahlen, bedingt durch Fehler des Managements, aber auch (und für Viele vor allem auch) auf Grund politisch schwieriger Rahmenbedingungen, die erst zu wagemutigen Strategien gezwungen haben(?).

Aber um die Beurteilung von Fehlern geht es hier gar nicht. Es geht hier um die Frage, wie wichtig oder eben schädlich es ist, diese Information gerade jetzt so zu bringen. Im Moment geht es für eine kleine Gruppe von Arbeitern um deren Existenz. In einem schwierigen, schon fast abgebrochenen Dialog, der aber als einziges zu einer für die Arbeitnehmer guten Lösung führen kann, wird die Polemik angeheizt, den was könnte die Meldung anderes bewirken, als den Zorn der Betroffenen zu schüren? Und während wir uns empören können und den Kopf schütteln mögen, ist der Zorn der Tessiner gleichzeitig der schlechteste mögliche Ratgeber. Hier wird mit einer Schicksalsfrage Einzelner Quote gemacht. Und das finde ich enttäuschend.

Link zur Schlagzeile: Zeitung “Sonntag” von heute