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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Sollen verurteilte Pädophile noch mit Kindern arbeiten dürfen?

∞  18 September 2013, 20:27

Der Schweizer Nationalrat hat sich heute gegen die so genannte Pädophilen-Volksinitiative ausgesprochen. Sie verlangt, dass Pädokriminielle lebenslang nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen.

Rechtsstaatliche Bedenken standen beim knappen Entscheid wohl im Vordergrund, und dann war er wieder da, der Satz: Eine solche Regelung würde dem Gebot der Verhältnismässigkeit widersprechen.

Mit nichts tut sich unser Rechtsempfinden und die Ausgestaltung des Rechtsstaates durch und für dessen Bürger wohl schwerer als mit unserem Verhältnis zu Strafe, Sühne und Vergeltung – und dem gewünschten Schutz vor erneuter Gefahr. Mit der Gefahr vor Terrorismus werden Rechtsstaatsprinzipien en masse beschädigt – der Kinderschänder, der rückfällig wird, macht uns fassungslos – wie konnte das passieren?

Warum nur ist in unserer Gesellschaft die Aufmerksamkeit, die dem Täter zukommt, so viel grösser als jene, die das Opfer erfahren kann? Die Opferhilfe ist erst im Aufbau begriffen, und die Entschädigungszahlungen sind lächerlich gering, ganz im Gegensatz zu den USA (da dürfte in beiden Fällen tatsächlich Unverhältnismässigkeit gegeben sein).

Die nicht genutzte zweite Chance, in deren Folge ein weiteres Leben beschädigt oder ganz auslöscht wird, ist ein sehr hoher Preis für die Wahrung der Aussicht auf komplette Eingliederung mit allen Freiheiten. Wäre es, in Anbetracht der Tatsache, dass Pädophile sich sehr wohl ganz bewusst, und zum Teil sogar organisiert, Berufe mit Kinderbetreuung suchen, nicht angebracht, hier bei Verurteilten ein bisschen gegenzusteuern?

Auch vermeintlich “kleinere” Übergriffe, welche die sexuelle Identität eines Kindes tangieren, hinterlassen lebenslange Spuren. Es lässt sich wohl mit ihnen leben, aber sie bleiben Teil einer Geschiche, die ohne sie einen anderen Verlauf genommen hätte.

Selbstverständlich beschädigen wir uns alle gegenseitig in unserem Zusammenleben, wir lieben und verletzen uns, und die Vorstellung, was davon tragbar ist und was nicht, wird immer sehr unterschiedlich bleiben. Das Kind aber, das wir ansonsten mit SUV’s als dessen Taxifahrer auf dem Schulweg auch vor eingebildeten Gefahren verteidigen, sollte in seiner Entwicklung wirklich beste Chancen auf ausbleibende Verstörungen haben, die durch eine beschädigte sexuelle Selbstfindung auftreten. Und die klare Haltung, welche Qualifikationen Betreuungspersonal mitbringen muss, könnte umgekehrt dazu beitragen, dass wir den Kindern den Freiraum gewähren, der sie wirklich Kind sein lässt.

Das nämlich, scheint uns allen immer schwerer zu fallen.