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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


So viele Schuldenkönige, die zu Bettlern werden können

∞  21 Mai 2011, 20:00

Die europäische Gemeinschaft ringt nach ihren richtigen Regeln. Die globale Wirtschaftsgemeinschaft hat sie für sich auch nicht. Das ist verheerend für uns alle. Irgendwann.


Die Wirtschaft floriert. Nicht nur in Deutschland. Die Banken scheinen ihre Krisen überwunden zu haben. Ob nur vordergründig, mag nicht klar sein. Aber Krise wird wieder – in welchem Bereich auch immer – eher mit Frage- denn mit Ausrufezeichen geschrieben. Wenn da nur nicht der kriselnde Euro wäre, als Abbild kriselnder Euro-Staaten, deren Verschuldung ins uferlose angewachsen ist. Wie konnte es so weit kommen?

Manchmal scheint mir, dass alles, was ich einmal in der Mittelschule über funktionierende Volkswirtschaften gelernt hatte, ad absurdum geführt worden ist. Das mag ja ein rudimentäres Basiswissen abgebildet haben, ein Schulwissen eben, aber doch Basiswerte, nach denen eine übermässige Verschuldung zu hohen Kreditzinsen und entsprechender Teuerung führen muss.

Das Reagan-Amerika hat schon scheinbar das Gegenteil beweisen wollen. Der amerikanische Staat machte gigantische Schulden – und die Wirtschaft boomte. Wachstum, so wie wir es errechnen, schien die heilige Kuh zu werden, um die der Tanz immer weiter gehen würde. Und Wachstum schreit nach Markt, nach globalisiertem Markt. Wir haben ihn bekommen, diesen Markt, zu dem jeder tüchtige Staat seinen Unternehmen möglichst leichten Zugang verschaffen sollte. Dreht das Geld schnell genug, wird immer neues Geld zum Arbeiten gebracht, so wird das Wachstum jeden Schuldner tragen können… Heute schimpft Frau Merkel über die faulen Griechen und Portugiesen, um sich dann vorrechnen lassen zu müssen, dass die Deutschen mehr Freitage haben als die Südländer. Man könnte ihr auch vorhalten, dass die Deutschen zu den ersten in der EU gehörten, welche die Grenze der jährlichen Staatsverschuldung von 3% des BSP nicht als verbindlich betrachteten – und damit das Signal setzten, dessen verheerende Auswirkungen nun alle noch vor sich haben.

Nur ist uns allen diese mögliche Konsequenz, sind wir nicht Griechen, Portugiesen (oder Spanier), einigermassen theoretisch geblieben. Aber wir sollten uns mit Arbeitern vergleichen, die in einem Unternehmen arbeiten, dessen Chef praktisch alles, was er uns an die Hand gibt, aus klammen Taschen bezahlt – in der Erwartung, seine Verkäufer würden die weiteren Aufträge schon ranschaffen.

Ob EU oder Globalisierung der Welt“gemeinschaft”: Die Idee eines gemeinschaftlichen Wirtschaftens ist eine Utopie. Am Ende befielt der Stärkere, und wenn er die Weitsicht nicht besitzt, in einer gewissen Stabilität die Sicherheit aller zu sehen, wird der ungehemmte Fortgang der ungebremsten Macht des schnellen spekulativen Geldes und des fern realer volkswirtschaftlicher Gegebenheiten verzinsten Fremdkapitals zu dem führen, was jeder Haushalt kennt, wenn schlicht die Kohle fehlt: Irgendwann bist Du pleite.

Die Frage ist nur, nach welchen Regeln. Längst sind es die Chinesen, welche im Grunde über die ganze Weltwirtschaft befinden. Der Remnimbi müsste schon längst stärker aufgewertet werden. Doch die chinesische Führung zögert. Die eine Glaubensmaxime, welche alles Handeln bestimmt, ist auch in China längst die, welche wir auch verehren: Wachstum.

Im Wachstum, so sind wir längst alle erzogen, sehen wir alle unsere individuelle Möglichkeit, voran zu kommen. Uns selbst gegenüber allein verantwortlich, aus eigener Tüchtigkeit, mit dem eigenen Können zu “etwas kommen” und mit dem Brustton der Überzeugung, “damit niemandem zur Last zu fallen und auf der Tasche zu liegen”, suchen wir alle unser persönliches materielles Mehr. Einen anderen Wert gibt es eigentlich nicht. Und schon gar nicht gibt es die Einsicht, gewissen Tendenzen und Entwicklungen leitend, eingreifend entgegen zu wirken. Wer sollte dies verantworten und politisch dafür einstehen, wenn er Wahlen in einem individualistisch geprägten Land gewinnen will?

Derweil kämpfen westliche Soldaten im Hindukusch, auch deutsche. Heute las ich die Worte eines Oberst im Generalstab:

Die Gesellschaft will weder Opfer bringen noch Opfer beklagen.


Andere Front, ähnliche Erkenntnis.
Punkt. Und Schluss. Hoffentlich nur vorläufig.
Doch grosse Wenden müssen in aller Regel durch eingetretene Realitäten erzwungen werden. Zuvor wird allenthalben noch viel Geld verdient.