Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


SMS zum Tag: Liebe in ihrer reinen Form

∞  9 April 2013, 06:58

Gottes selbst ernannte Boten mögen noch so verwalten, strafen, mahnen:
Gottes Liebe gibt keinen Menschen je verloren. Sie hofft immer auf seine Heimkehr.

oder:

Selbstgerechtigkeit verwaltet, straft, mahnt. – Liebe ohne Kalkül gibt den Menschen nie verloren. Sie bewahrt die Kraft der Versöhnung. Auch aus Selbstliebe.

istockphoto.com/fractalgr: “Birdmother”



[Dieser Text kann nicht nur gläubigen Menschen etwas sagen, hoffe ich.] Es gibt wenige Gleichnisse, die ich so bildhaft finde wie jenes vom verlorenen Sohn, über dessen Heimkehr der Vater alles vergisst, was war. Wie oft ist Elternliebe, jede Form von Liebe, berechnend, aufrechnend, verhärmt weil enttäuscht, an Bedingungen geknüpft: Werden Söhne älter, verbindet man mit ihnen zwingende Erwartungen. Und komisch: Immer bleibt da die Angst, ausgerechnet der eigene Sohn, den man doch selbst erzogen hat, könnte sich daneben benehmen.

Der verlorene Sohn kehrt heim, darf immer heimkehren. Liebe lässt sich oft nicht erklären. Aber ganz bestimmt ist sie nicht rational. Und Gott selbst, um im Bild zu bleiben, ist wohl jener Vater, der sich bis zum letzten Hemd ausnutzen lässt und doch immer wieder einen Neuanfang ermöglicht. Am Schluss wird dennoch abgerechnet, stirbt ein Mensch im Einklang mit seinem Lebenslauf, oder im Bedauern, nicht mehr Sohn, oder nicht mehr Erwachsener gewesen zu sein:

Viel Liebe, die man uns zu geben geglaubt hat und die man entsprechend reklamiert, mag nicht vorbehaltlos gelebt worden sein – aber wie viel Liebe haben wir verunmöglicht, weil wir sie nicht zulassen konnten, weil wir das riesige Geschenk nicht annehmen konnten, weil wir im Innersten selbst nicht glaubten, diese Tochter, dieser Menschensohn zu sein, der immer wieder eine Chance – oder auch nur diese eine einer wirklich grossen Liebe wirklich verdient hätte.

Wir brauchen nicht gläubig zu sein, um uns damit zu beschäftigen, wie es uns gelingen kann, im Frieden mit uns zu leben, naturgefällig, eingeordnet in den Lauf der Zeit und im Frieden mit dem eigenen Werden und Vergehen. Die Liebe aber – geschieht sie einfach, fliegt sie einem zu? Und welche Art Liebe ist das? Die, welche sagt, dass sie ohne dich nicht leben kann – und dich damit auch gefangen nehmen will – oder die Liebe, die jeden Tag die Hand aufmacht, immer im Wissen, dass das Ergreifen dieser Hand aus freien Stücken möglich ist – oder plötzlich fehlen kann.

Menschen aber, die sich von Gott geliebt fühlen – wie viel Kraft haben sie für verlorene Söhne? Und wie armselig ist so mancher selbstgerechte Mahner vor dem Sündenpfuhl, während er sich in seiner Bigotterie in die eigene Tasche lügt…!

Wir dürfen wissen, dass die letzte Niederlage vielleicht nicht die letzte bleibt. Aber das ist auch eine gute Nachricht. Denn sie heisst: Morgen ist ein neues Spiel. Heute ist eine neue Chance. Ich darf Vieles neu beginnen. Mit den alten Knochen und Gedanken zwar, aber niemand hat in Stein gemeisselt, dass sich meine mir gegebenen Instrumtente nicht formen und besser einsetzen liessen. Und wenn über allem tatsächlich Gottes Liebe wohnt? Wenn da eine Kraft ist, die jeden Alltag meistern lässt, die echtes Mitgefühl entstehen und menschliche Güte wachsen lassen kann….

Wie gesagt: Es lässt sich jeder Tag nutzen, Neues zu entdecken.