Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Sinn für Notwendiges statt Empörung

∞  5 April 2012, 18:14

Bloggen – das ist eine Art Aufreibung zwischen der Herausforderung, immer wieder neue Inhalte zu finden – und einem manchmal überbordenden Mitteilungsbedürfnis.

Da fällt mir doch dieser Tage die Weihnachtspost eines sehr freundlichen, netten und engagierten Bloggerkollegen in die Hände. Er schenkte mir als Sinnspruch für die Feiertage die Geschichte von den drei Sieben, die davon erzählt, wie Sokrates einen Schüler lehrt, das, was man sagen will, vor der Mitteilung durch die drei Siebe zu sieben:

“Also”, lächelte Sokrates, “wenn das, was du mir erzählen willst, weder erwiesenermassen wahr, noch gut noch notwendig ist, so lass es begraben sein und belaste dich und mich nicht damit!”

Tja. Wenn das so ist, dann sollte ich wohl sofort mit dem Bloggen aufhören.

Nun ist es nicht so, dass ich daran zweifeln würde, dass meine Fakten wahr sind – dann würde ich sie tatsächlich nicht verwenden – aber sind sie auch wichtig? Und wie oft gebe ich einfach weiter, ohne wirklich wissen zu können, wie gross der Wahrheitsgehalt eines scheinbaren Faktums ist? Und Empörung ist zwar besser als Gleichgültigkeit, Prägnanz greifbarer als Indifferenz, aber wer, bitteschön, schreibt Zeitungen oder Blogs, um positive Nachrichten zu verbreiten? Gut, so schreibt man sich aufs Banner, ist der Pranger an Missständen, die Kritik bis zur Polemik, weil wir steuern wollen, die Wirkung vorwegnehmen – wir sagen die Dinge in der bestimmten Weise, von der wir uns eine bestimmte Reaktion versprechen. Wir wollen damit mehr manipulieren als die Wahrheit ihr Werk tun. Wir haben unsere eigene Wahrheit – und die beginnt schon bei der Selektion dessen, was wir fern der Siebe von Sokrates, ins Blatt oder ins Blog bringen.

Und notwendig? Pfft, da geht uns schnell die Luft aus, nicht wahr?
Aber diese Sieberei setzt ja nicht nur beim Schreiber an. Sie alle lesen andere Dinge als jene, die durch diese Siebe geflossen sind. Sie verbringen Lese-, Seh- und Hörzeit mit nicht verifizierbaren Wahrheiten, negativen Nachrichten und viel Erregung, die unnötig ist. So verkaufen sich Medien.

Und dabei hocken wir uns immer auch gegenseitig auf und tappen immer in die gleiche Falle, aufgezeigt an einem Beispiel dieser Tage :

Die BILD-Zeitung reicht Strafanzeige gegen die Schweizer Justizministerin Sommaruga ein. Und ich empöre mich – und gebe damit der BILD-Zeitung genau das, was sie sucht: Aufmerksamkeit.

Dass ich mir einbilde, mit meinem Mahnfinger die schändliche Absicht dahinter offen zu legen, während ich genau dieser Absicht nachkomme und die Nachricht weiter verbreite, ist wirklich die pure Selbstüberschätzung eines Bloggerchens.
Also: Lesen wir nicht weniger, aber bewusster. Schreiben wir weiter, aber mit ein bisschen Abstand zur Nasenspitze – und mit dem Mut zu konstruktiven, positiv stimmenden Themen. Gibt es die etwa nicht?

Wir stehen vor Ostern. Beginnend mit Karfreitag ist dies die für Christen feierlichste Zeit des Jahres. Karfreitag und Ostern ergeben das Bild eines Schöpfers, dem “seine” Menschen jedes Opfer wert sind – eine Liebesbotschaft an die guten Zellen und Eigenschaften in uns.
Es wäre doch schön, wir könnten in diesem Sinn mehr an uns glauben…