Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Schreiben für lau

∞  25 September 2009, 18:38

Ich weiss nicht, ist es mehr Wut, Zorn oder schon ein Stück Verzweiflung, das ich in mir trage: Schreiben bedeutet mir so viel. Dieses Blog bedeutet mir viel. In Inhalt, Themen und Intensität völlig frei zu sein, bedeutet mir sehr viel.
Ich habe immer gesagt, dass ich von diesem Auftritt nicht mehr erwarte, als dass es eine Art Visitenkarte wird. Von mir, meiner Art zu schreiben. Ein ehrliches Abbild dessen, was ich vermag – und was nicht. Manchmal gibt es daraus Anfragen in der Art
“Könntest Du nicht?”
“Hast Du nicht Lust?”
“Wie wäre es, wenn?”
Natürlich wäre es schön, es würde mehr daraus. Die Sache hat nur einen Haken. Einen gewaltigen. Alles dies, was nebenher läuft, ist genau so für lau. Sprich für 60 Minuten in der Stunde. Und wahrscheinlich sage ich zu oft, dass dies okay ist.
Ich sage mir, dass darin ein Schutz liegt: Kostet etwas nichts, so bleibt man stets frei, “nichts zu liefern”. Dummerweise fühle ich mich dann doch verpflichtet. Am Schluss ist jemand glücklich, oder bedankt sich zumindest. Mir aber tut das zur Zeit nicht gut. Ich merke, wie sich eine gewisse Bitterkeit in mir ausbreitet. Meine Kreativität mag Grenzen haben, das Talent beschränkt sein, der Weg nicht klar oder nie offen für mehr. Alles okay. Aber ich frage mich schon, woher Menschen die Selbstverständlichkeit nehmen, zu glauben, irgend eine kreative Arbeit würde keine Mühe machen, wäre leichthin zu leisten, geschähe so nebenbei und hätte daher keinen Preis.
Und ein grösseres Projekt? Eine Auftragsarbeit? Ein Ghost Writing? Mir ist klar: Ist der Impuls dafür eine fremde Idee, zu der man beigezogen wird, so besteht das Bedürfnis für den Urheber, diesen Ursprung, den Anreiz, die Geschichte, den Plot zu schützen. Und ist der Ideengeber dabei selbst noch ein “Noname”, ohne Budget und “Produktionsmittel” oder wirtschaftliche Potenz im Hintergrund, so muss er sich das wohl zusichern lassen, sich vertraglich absichern, OHNE wirtschaftliche Entschädigung anbieten zu können. Nur: Gibt es den Texter, der eine fremde Geschichte schreiben, sie selbst ausgestalten und in Szenen weiter erfinden kann und will, der dafür keinerlei Entschädigung bekommt? Ich glaube, dass da eine Fallmasche im Strumpf ist. Entweder, ich steigere mich so hinein und begeistere mich dafür, dass die Geschichte zu meiner eigenen wird, dann kriege ich ein Problem mit dem Initianten, es sei denn, das Projekt ist so neu und frisch, dass ich mit ihm eine Symbiose bilden kann – oder aber ich leiste richtige Auftragsarbeit, einen Knochenjob im durchaus guten Sinn des Wortes – und dann muss das auch eine Entlöhnung enthalten. Sonst bin ich mit meinem Intellekt in einer Sklavengaleere angekettet.
Also ist es auch gut, dass es so nicht funktioniert. Ein Stück Selbstschutz, durchaus. Und doch lässt mich die Erfahrung, das ursprüngliche Einlassen auf etwas ganz Neues und Grosses, ein Stück weit hilflos und ratlos zurück. Wie soll sich ein Newbie wie ich jemals im Dschungel der Kreativwelt zurecht finden und wissen, wann ein Projekt zumindest im Laufstall angekommen ist, aus dem heraus es sich entwickeln kann, und welche Knebel wirklich rechtens sind und vor allem das Schreiben nicht behindern, sondern erleichtern, befruchten, beleben?

Derweil habe ich dennoch einzelne Szenen eines Drehbuchs vor mir und werde daran weiter schreiben, nur für mich, so weit wie ich Lust dazu habe, und der Auftraggeber möge dann damit machen, was er will. Aber ich mag nicht weiter denken und sehe mich nicht wirklich als Teil dieses Ganzen.
Stimmt es am Ende gar: Zeige ich zu wenig Begeisterung, Enthusiasmus? Bin ich überhaupt in der Lage, mich für eine Sache, eine Geschichte, ein Thema nachhaltig intensiv über längere Zeit zu interessieren? Ich relativiere tatsächlich Vieles in meinem Leben immer wieder. Und wenn ich es richtig bedenke, haben diese Momente immer mit mir selbst zu tun, mit der Einschätzung eigener Möglichkeiten und Talente.
Und so bin ich wohl wieder einmal ausgeglitten. Aufstehen, und mich festhalten. Am guten alten lieben Blog. Die nächste Prüfung kommt bestimmt. Liebes Geschick, lass den Engel, der Dein Füllhorn über mir ausleert, noch ein paar Runden drehen. Ich hab’ gerade keinen Bock darauf, in die nächsten Turbulenzen zu treten. Es gibt im realen Leben davon genug zur Zeit. Und noch verdiene ich Brötchen mit diesem realen Leben, vorausgesetzt, so profane Dinge wie eine Lieferung funktionieren… Denn wenn ich noch öfters eine Warenlieferung verspreche, die dann verbockt wird, klopfe ich plötzlich Steine – bzw. poliere Türklinken. Mit einem leeren Kühlschrank zuhause wäre das ziemlich unlustig. In der Schreiberei ganz besonders… und eigentlich will ich doch nirgends hin als in diese Welt. Allen Unkenrufen dieses Beitrags zum Trotz. Das ist ja die eigentliche Qual in dieser Geschichte.