Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Schmerz lass gut sein

∞  7 März 2007, 05:11

Ich neige ja durchaus dazu, in einer auftretenden Krankheit ein Symptom, ein Zeichen zu sehen, eine Botschaft. Die Krankheit will mir etwas sagen, mich auf einen Missstand hinweisen.

Was also ist von meinen brennenden Schmerzen im Schulterblatt zu halten? Vor Monaten hat das plötzlich angefangen, am Morgen, nach dem Aufstehen. “Aha”, dachte ich, “biste mal wieder verdreht und verkrampft im Bett gelegen”.

Gymnastik, Wärme, Perskindol. Besserung in der Schulter, Ausstrahlungen im rechten Arm.
Entlastungen von Belastungen, andere Körperhaltungen, das Schreiben auf der Tastatur generell einschränken (was für eine Qual das wäre, hätte ich nicht sowieso einen Schreibstau). Allmählich wurde es besser, verflüchtigte sich – fast – ganz.

Vor ein paar Tagen stand ich auf, unbeschwert, ahnungslos wie damals. Und es hat mich wieder getroffen. Hallo zurück, du brennender Schmerz. Diesmal ist es noch etwas schlimmer. Vor allem jetzt. In dieser Nacht. Und jetzt sitze ich vor dem Computer und schreibe eben dagegen an.

Ich bin bereit, einen Deal zu machen mit dem Lenker meiner eigenen Erfahrungen:

Ich weiss jetzt ganz neu, wie einsam sich Menschen mit gravierenden Schmerzen in dunklen Nächten fühlen können (vor allem jene, die nicht wie ich davon ausgehen können, dass es sich dabei um eine vorübergehende Marter handelt). Und ich ertappe mich dabei, wie ich mit meinem Geschick zu verhandeln versuche:

“Okay, ich hab’ es begriffen. Ich will ja durchaus demütig sein und weiss um das Glück, gesund zu sein. Es ist nicht selbstverständlich, am Morgen aus dem Bett zu steigen und alle Glieder bewusst steuern und bewegen zu können. Und JA, gerade ich, der ich es auch anders kenne, sollte sehr viel bewusster dankbar für die vielen guten Tage sein. Jetzt aber kannst Du es mal gut sein lassen, ja, und mich weiter leben lassen, möglichst unbekümmert.”

Was mich gerade jetzt tröstet: Meine Schreibblockade, die mich quält – ich schreibe gerade dagegen an, gerade jetzt. Ich spüre meine verzweifelte Wut, mich vor mir selbst nicht verständlich machen zu können, geschweige denn vor anderen, ein Suchender und Fragender zu sein und das auch zu offenbaren, so ich dann nicht einfach schweige. Und das will ich nicht und kann ich nicht und darf ich nicht. In meinem eigensten Interesse, das hier noch immer das prioritäre ist – denn es ist meine Wohnung, mein Haus, mein Blog. Und ich fühle langsam, wie es hier aussehen soll, wohnlich werden soll: Hier, im Entrée, ist Platz für alles. Auch für mein Palaver. In den anderen Zimmern mag und darf und soll es ruhiger sein, etwas runder vielleicht, verarbeitet, geformt.

Und also suche ich noch ein Mal das Gespräch mit meinem Botschafter:

“Natürlich, mir ist klar, dass diese ‘Phantomschmerzen’ gerade jetzt ‘passen’. Ich gebe ihnen ja Raum, muss am Morgen nicht irgendwo hin, kann gegenüber meinen tieferen Bedürfnissen gerade jetzt nicht sagen: ‘Lass uns später darüber reden, es ist jetzt gerade keine Zeit für Euch.’ “

Also nehme ich mir Zeit. Auch jetzt. Gerade jetzt. Mit hochgelegten Beinen, am Salontisch, um fünf Uhr in der Frühe. Der Tag hat längst begonnen, und ich habe ihn schon erlebt. Vielleicht nicht so, wie ich mir das gemeinhin wünschen würde – aber schlecht hat ihn das deswegen nicht unbedingt gemacht. Und er mag ja noch besser weiter gehen. So schwer sollte das nicht zu bewerkstelligen sein…