Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Saigon - Chinesenmarkt und Tien Hau Pagode

∞  12 Juli 2009, 19:41

Erlebt am 30. März 2009, morgens


[Bilder des Tages: Album ]


Auch hier gibt es ein grosses Frühstücksbuffet und einen ausgezeichneten Kaffee.
Um 08:00 brechen wir auf zur Besichtigungstour durch Saigon, das offiziell seit 1975 Ho Chi Minh City (HCMC) heisst, aber praktisch von allen Vietnamesen nach wie vor bei seinem alten Namen genannt wird.
Unser erstes Ziel ist der Chinesen-Markt, der in einer Halle untergebracht ist, die aus allen Nähten zu platzen scheint, oder in die einfach zu viel hineingestopft wurde, und eigentlich eher eine Messe als ein Markt ist. Die wichtigsten Utensilien der Standbetreiber sind denn auch möglichst mehr als nur eine Telefonleitung, ein Faxgerät, Taschenrechner und Auftragsbuch.




Die Ware wird hier hauptsächlich en gros verkauft, gegen Rechnung, und das zu sehr vorteilhaften Preisen, kurze Lieferfristen inklusive. Auch die Strassenhändler decken sich hier ein.




Zu haben ist alles, von Reisschalen bis zu gefälschten Markenartikeln. Da das Geschäft gut läuft und man keinen Auftrag sausen lassen will, wird am Stand gegessen. Die Mahlzeit kann man in der Garküche ordern, sie wird einem dann auf einem Tablett gebracht, auch im Abonnement. Sehr busy, alles hier und von Wirtschaftskrise keine Spur.
Es gibt auch eine Lebensmittelabteilung, da werden vor Ort Würste gemacht,




Zitronen eingelegt, Wasserkastanien geschält und vieles angeboten, von dessen Existenz ich bis anhin nichts wusste, was nicht in jedem Fall schlecht ist.




Ein Markt der Fleissigen


Der Besuch dieses Marktes war ein phantastisches Erlebnis. Wie M. erzählte, sind die Chinesen auch hier als besonders fleissig angesehen, und diesen Eifer legen sie in jeden Handel. Auf dem Markt werden die unterschiedlichsten Geschäfte abgewickelt, vom Einzelstück für den Touristen bis zur Containerladung für den Grosshändler. Im Handumdrehen, fast wörtlich, denn praktisch genügt ein Handschlag bzw. nicht viel mehr:
Es genügt auch ein Telefonanruf bzw. die Nennung eines Namens, einer Telefonnummer und der Adresse. Bezahlt werden muss die Lieferung innert eines Monats, bar oder per Banküberweisung. Ist ein Käufer mit der Zahlung in Verzug, wird er einmal ermahnt. Bleibt er das Geld schuldig, so wird niemand im Chinesenviertel mit dieser Person mehr Geschäfte machen – und der Schaden wird vom Leiter des Marktes bzw. von dessen Clan übernommen. Diese Sicherheit für die Verkäufer führt zu einem sehr dynamischen Handel. An einem einzigen Tag werden meistens deutlich mehr als 100’000 US-$ umgesetzt, und der Markt ist bis auf die Woche des chinesischen Neujahrs jeden Tag durchgehend 24 Stunden geöffnet. Ein Verkaufsstand mit den gigantischen Ausmassen von zwei auf drei Metern ist so begehrt, dass er für bis zu 200’000 US-$ verkauft werden könnte – wenn denn jemand verkaufen wollte.
Und dann schaust Du über die endlosen, gigantischen Warenberge, siehst eine ganze Menge Tand und Ramsch, Billigwaren zuhauf, Markenkopien, wohin das Auge blickt – doch hier macht das alles Sinn, denn wenn ein Restaurant Sitzhocker aus Plastik für 50 US-Cent das Stück kaufen kann, so erlaubt das armen Menschen mit Fleiss, mit wenig Geld eine Infrastruktur für ein Geschäft aufzubauen. In diesem Moment auf diesem Markt ist der Un-Segen der Globalisierung weit weg, mag man das eiserne Gesetz, dass jeder Handel nach dem nächsten, noch grösseren, ruft, vergessen. Hier ist jede Interaktion zwischen Käufer und Anbieter erst einmal eine Begegnung, die der Tourist geniesst oder mit Freude beobachtet. Und die spartanischen Bedingungen, unter denen klaglos gearbeitet wird, lassen mich den Hut vor jedem einzelnen Menschen ziehen, der hier seinen Job verrichtet.



Nun bekommen wir ein wahrhaftiges Kontrastprogramm geboten, denn als nächstes besuchen wir jetzt die Tien Hau Pagoda, die der Göttin der Seefahrt gewidmet ist.




Hier ist es ganz still und sehr mystisch.




Die Decke hängt voller Wunschspiralen.




Unter M’s Anleitung soll ich auch eine entzünden. Ich schreibe meinen Wunsch auf einen länglichen roten Zettel, der ganz oben an der Spirale befestigt wird. Dann entzünde ich die Spirale unten an einer Kerze, worauf sie zu glimmen beginnt, wie ein Räucherstäbchen. Mit Hilfe einer langen Stange wird sie dann von einem Tempel-Angestellten an die Decke gehängt, wo sie ein paar Tage weiterglimmt, bis auch der Wunschzettel Feuer fängt, verbrennt und so der Wunsch im aufgehenden Rauch den Himmel erreicht.