Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Qualitatives Wachstum ist keine Raumforderung

∞  21 Oktober 2011, 17:25

Mir geht immer wieder ein kürzlich am Radion gehörtes Gespräch mit einem Städteplaner durch den Kopf: Er wünscht sich, in unser aller Köpfen einen Schalter umdrehen zu können. Stattdessen muss auch er feststellen: “Wachstum” ist für uns alle ein Wert, den wir dann positiv besetzen können, wenn wir ihn mit Ausdehnung gleich setzen können, mit einer quantitativen Mehrung: Mehr Umsatz, mehr Gewinn, mehr Wohnraum.


Das bedingt, dass es von dem Gut, nachdem wir streben, mit diesem Streben, immer mehr gibt. Unsere klassische volkswirtschaftliche Theorie. Wenn nicht, wenn der Kuchen in seiner Grösse gegeben ist (oder zuwenig “Mehr” neu hinzu kommt), dann stösst dieses Denken an Grenzen: Es gibt nicht genug (Mehr) für alle – und daraus folgt ein Verdrängungswettbewerb auf Kosten anderer.

So richtig schön körperlich und anschaulich spürbar ist das für uns alle, die wir in der Schweiz in Städten oder städtischen Agglomerationen wohnen, bei eben diesem Wohnraum. Eine neue Wohnung zu finden, ist extrem schwierig, und wenn sie gefunden wird, ist sie garantiert viel teurer als die alte vergleichbare: Unser Siedlungsraum ist höchst begrenzt, die Zersiedelung der Landschaft ist weit fortgeschritten, die Mobilität ist entsprechend hoch. Und wir messen nachwievor schöner Wohnen in Quadratmetern, besser Reisen in Wegminuten, befriedigender Arbeiten in Lohn, besser Leben in Konsumgütern.

Bleiben wir beim Wohnen: Wachstum muss qualitativ begriffen werden: Multifunktionellere Verwendung des beschränkten Raums, Gestaltung der Fläche statt deren Ausdehnung, Ebenen statt Weiten, mehr gemeinsam nutzbare Einrichtungen statt Individualisierung bis zum Äussersten. Wir haben noch eine Menge zu tun im Kopf, bevor uns die Decke tatsächlich auf den Kopf fällt.