Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Paparazzi mit - ich schwöre - guten Absichten

∞  14 Mai 2011, 20:07

Der Bilderrahmen, mit dem ich einen Moment einfange – er begleitet mich bald regelmässig. Ich finde einen neuen Zugang zum Fotografieren, als würde mir dadurch eine neue Dimension geschenkt. Auch ein Stück Trost liegt darin, sich in einem ehrlichen Handwerk üben zu dürfen. Und damit auch noch Freude machen zu können.


Sie ist wieder oft mit mir unterwegs: Meine Kamera. Dabei ist der Ansatz im Moment nicht so sehr die Kreativität, die ich suche. Es ist schlicht die Lust an der Übung einer ganz bestimmten Aufgabenstellung – und die Beobachtung, dass ich damit Freude machen kann.

Ich nehme die Kamera mit in den Tennisclub und fotografiere dort uns Hobbyspieler beim Sport. Keiner von uns gar sterblichen Spielern, oder fast keiner, hat ein gutes “Action-Bild” von sich auf der heimischen Festplatte. Und so versuche ich, solche Momente einzufangen – und verschenke dann derart eingefrorene Momente. Es ist immer wieder schön, zu sehen, wie sich Kollegen und Kolleginnen darüber freuen können – wobei sie den natürlichen Reflex überwinden, dass bestimmt irgend etwas an diesem Moment, an einem Ab-Bild von sich selbst, nicht vorteilhaft ist.

Für mich selbst ist Sportfotografie eine gute Übung. Trotz Motor und der Chance auf Zufallstreffer ist es immer wieder erstaunlich, wie wichtig es auch mit moderner Technik bleibt, sich in den natürlichen Bewegungslauf eines Spielers hinein zu fühlen und entsprechend frühzeitig oder eben doch mit etwas weniger Vorlauf auf den Auslöser zu drücken.

Zusätzlich mache ich immer häufiger Portraits – weil ich diese Art der Fotografie sehr liebe und es eine Herausforderung ist, Menschen trotz “drohendem Foto” entspannt bleiben zu lassen – und sie dann durch den Rahmen des Bildes und durch die Intuition, “genau jetzt” abzudrücken, zu entdecken. Ich mache dabei immer wieder die Erfahrung, dass ich für diese Fotos am besten mitten in eine Runde sitze. Wenn ich Teil einer Veranstaltung, eines Zusammenseins bin, und ich es schaffe, die Kamera nebensächlich werden zu lassen, dann bleiben die Menschen wirklich “spontan”. Es scheint mir entscheidend, dass sie ein klares Bild von der Person haben, die hinter der Linse sitzt. Mit “Vertrauen” ist es nicht richtig umschrieben. Es ist zu gross und gleichzeitig zu einengend. Ich kann es so erklären: Wenn ich den Eindruck bekomme, dass die fokussierte Person ein Stück weit selbst neugierig darauf wird, was ich nach dem Klick auf dem Display sehe – dann haben am Schluss alle Freude am Ergebnis.

Fotos von Personen sind, jenseits der Party-Facebook-Massenhaftigkeit, eine intime Sache; in Vorgang, Bearbeitung und Verwertung etwas, das Respekt verdient gegenüber dem Objekt des Bildes, dem Subjekt einer Person, die wie wir alle gefangen ist von Bildern, die sie sich von sich selbst macht. Ein gutes Foto ist dann in meinen Augen eines, das einen Moment festhält, in dem diese Person viel von sich entdecken kann, das ihr vertraut erscheint und ihr gefällt – und zusätzlich Schwingungen und Akzente, die ihr selbst in dieser Weise noch nicht aufgefallen sind oder wieder neu vertraut werden.

Das Ideal: Einen Spiegelblick schenken, der eine schöne Überraschung bereit hält und eine wache Aufmerksamkeit der Person für sich selbst erleichtert.

Natürlich leben wir auch mit den besten Fotos von uns weiter in der Welt oberflächlicher Bilder, die wir uns auch von uns selbst machen. Wir fügen ihnen einfach ein neues hinzu. Kein Fotograf kann das verhindern. Aus dem Trott müssen wir selbst heraus finden. Und doch ist ein Foto ein direkter Zugang zu uns selbst: Bevor wir uns frei von Bildern und dem Gedanken machen können, wie wir wirken mögen, müssen wir lernen, mit jedem Bild von uns leben zu können – es macht sich eh jeder sein eigenes von sich und der Umwelt. Die besten Bilder sind kaum jene, die uns mit dem breitesten Lachen zeigen – sondern jene, in denen wir etwas von unserer Mitte erahnen können.

Natürlich sind in einem Club eher die Lächel-Portraits gefragt – aber vielleicht gibt es auch hier je länger je mehr Raum für stillere Momente. Man muss sie ja dann auf keine Homepage hochladen – man kann sie einfach so verschenken. Und darum gibt es hier auch keine Beispiele zu betrachten. Ist auch nicht nötig: Was ich beschrieben habe, kennen wir zumindest als Objekte eines Fotografen alle aus eigener Anschauung.