Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Opportunismus (Reflexion)

∞  19 März 2008, 06:45

Opportunistisch ist alle Politik. Dies gilt zumindest dann, wenn ich glaube, einen Deal aushandeln zu können. Ich taktiere, antizipiere, biete an, tariere aus. Das nennt man Diplomatie. Im Grunde kennt sie keine Moral. Allenfalls Vernunft. In jedem Fall Interessenwahrung. Reduziert auf die pekuniäre Ebene, denn sie ist die einzige, die funktioniert.

Für die Vision braucht es überbordendes Leid. Dort, wo eben nichts anzubieten ist, kein Deal möglich ist, kein Handel mit einer Gegenseite, die darob nicht in mitleidiges Lächeln verfiele. Da kann z.B. eine Bürgerrechtsbewegung entstehen, wird ein Martin Luther King nicht nur möglich, sondern nötig, kann ein Mahatma Gandhi an allen Widerständen sein Konzept der Gewaltlosigkeit auf immer festere Füsse stellen.

Und heute? Alle wirtschaftlichen Interessen sind globalisiert. Die Welt baut eine einzige, alles umspannende Autobahn mit acht Spuren, aber praktisch ohne Verkehrsregeln. Es sei denn, man betrachte das Sichern der Pfründe, den unbedingten Kampf um Rohstoffe, als Regel.

Menschenrechte bleiben ein Luxus, über den es nett ist zu sprechen, weil einem das ein gutes Gefühl gibt. Zu Hause aber werden alle vor allem danach gefragt: Hast Du Arbeitsplätze mitgebracht? Exporte? Wachstum?

Opportunisten haben die Sachzwänge nicht erfunden. Aber sie akzeptiert. Manchmal vorauseilend, lange bevor die Not es gebietet. Bis zur Verdauungsstörung. Aber der Magen gewöhnt sich an Vieles. Er will ja essen. Und wir? Es darf auch ein Fressen sein.